Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 20.10.2021; Aktenzeichen 27 O 184/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20.10.2021, Az.: 27 O 184/20, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptantrag zulässig, aber unbegründet ist.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.376.214,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen von Prüferpflichten in den Jahren 2005 bis 2017.
1. Die Beklagte war seit 2001 als Prüferin für die Unternehmensgruppe der Klägerin, zu der unter anderem die S. (nachfolgend S.), die A. (nachfolgend A.), die W. (nachfolgend W.) sowie die T. (nachfolgend T.), sämtlich ansässig in Sa., gehören, tätig. Die Beklagte hat für die Jahre 2005 bis 2016 jeweils uneingeschränkte Testate erteilt. Die Beklagte hat dabei in dem Teilkonzern S. die Jahresabschlüsse der S. und der A. ab dem Geschäftsjahr 2011 geprüft und war hinsichtlich W. und T. sowie der A. bis zum Geschäftsjahr 2010 jeweils mit der Durchführung einer prüferischen Durchsicht beauftragt.
Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, seit dem Jahr 2005 bis zu seiner Entlassung im Juli 2017 habe ihr Bilanzbuchhalter P. vom Konto der S. sowie der weiteren vorgenannten Gesellschaften insgesamt 1.858.993,79 EUR durch Überweisungen auf zwei seiner Bankkonten und Barentnahmen entwendet. Die S. habe am 12.07.2017 und der Geschäftsführer der S. am 14.07.2017 Kenntnis von massiven Untreuehandlungen des Bilanzbuchhalters P. erlangt. Er habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Veruntreuung von Firmengeldern zugegeben und sei in der Folge vom Landgericht Sa. wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Der im Arbeitsgerichtsverfahren erlangte Titel der Klägerin über 1.858.993,79 EUR nebst Zinsen habe bislang nicht gegen den früheren Bilanzbuchhalter P. vollstreckt werden können. Die Klägerin hat die Beklagte wegen angeblich nicht ausreichender Kontrollen in der Verantwortung gesehen und in erster Instanz im Hauptantrag eine Forderung von 1.376.214,36 EUR geltend gemacht. Im Hilfsantrag wurde diese Summe auf die einzelnen Jahre der Abschlussprüfungen aufgeschlüsselt.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe keine Pflichtverletzungen begangen. Ein kausaler Schaden sei nicht substantiiert und schlüssig dargelegt worden. Im Übrigen hafte die Klägerin auch wegen Verletzung von Pflichten zur ordnungsgemäßen Organisation und Überwachung, insbesondere betreffend die Mitarbeiter in der Buchhaltung, in vollem Umfang. Schließlich hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Sie sei im Hauptantrag unzulässig, da sie auf eine Mehrzahl unterschiedlicher Pflichtverletzungen und damit unterschiedlicher Streitgegenstände gestützt werde, ohne mit der gebotenen Eindeutigkeit die Reihenfolge anzugeben, in welcher diese zur Prüfung des Gerichts gestellt würden. Überdies sei beim Hauptantrag unklar, auf welche Einzelforderungen die Klägerin sich die vorgerichtliche Zahlung des D...-Versicherers i.H.v. 650.000 EUR anrechnen lasse. Der Hilfsantrag, in dem die Forderung näher aufgeschlüsselt werde, sei hingegen zulässig, aber unbegründet. Ansprüche der Klägerin seien ausgeschlossen, da diesen ein überragendes Mitverschulden der Klägerseite gemäß § 254 Abs. 1 BGB entgegenstehe, welches etwaige Ansprüche auf Null reduziere. Die Klägerseite müsse sich das Verschulden ihrer Geschäftsführung bei der Entstehung des Schadens, insbesondere auch die mangelnde interne Kontrolle, gemäß § 31 BGB als auch die vorsätzlichen Handlungen ihres Buchhalters gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Etwaige zugunsten der Klägerin unterstellte Pflichtverletzungen der Mitarbeiter der Beklagten rechtfertigten demgegenüber nach ihrem eigenen tatsächlichen Vortrag nur den Vorwurf einer fahrlässigen Pflichtverletzung der Beklagten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26.10.2021 zugestellte Urteil am 22.11.2021 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.01.2022 - am 26.01...