Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Klagebegehren aus sich heraus verständlich, darf die Klage auch dann nicht als nicht schlüssig abgewiesen werden, wenn in der Klageschrift in größerem Umfang auf Belege Bezug genommen worden ist.
2. Werden mangelhafte Installationsteile in ein Gebäude eingebaut, das nach dem WEG aufgeteilt ist, können Ansprüche nach dem ProdHaftG wegen Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum auch dann bestehen, wenn das Gebäude nur überwiegend (und nicht ausschließlich) privat genutzt wird. Bezüglich des Sondereigentums stehen einem die Wohnung nicht privat nutzenden Miteigentümer hingegen keine entsprechenden Ansprüche zu.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 253; ProdHaftG §§ 1, 4
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 09.04.2009; Aktenzeichen 1 O 87/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Ravensburg - Einzelrichter - vom 9.4.2009 nebst des ihm zugrunde liegenden Verfahrens, ausgenommen die Kostenentscheidung betreffend der Beklagten zu 1, aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG Ravensburg zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 17.053,72 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung für einen Kugelwasserhahn geltend.
In die Wohneinheiten des im Jahre 2003 fertig gestellten Gebäudes der Wohnungseigentümergemeinschaft K. weg 25 und 27 in W. wurden Kugelhähne eingebaut, die als Absperrung vor und hinter den Wasseruhren dienten. Die von einer Sanitärfirma eingebauten Kugelhähne wurden von der Beklagten zu 2, die sie von der Streithelferin bezog, vertrieben und geliefert. Auf den Kugelhähnen war das Zeichen "K." eingegossen. Am 1.12.2004 kam es in dem Gebäude zu einem Wasserschaden. In einer im ersten Obergeschoss befindlichen Eigentumswohnung der Eheleute R. trat aus einem der Hähne Wasser aus. Nachdem die Mieter der Wohnung verreist waren, konnte das Wasser unbemerkt in zwei im Erdgeschoss befindliche Eigentumswohnungen der Eigentümer S. und D. laufen. Betroffen wurde noch eine vierte Wohnung im Erdgeschoss, die von der Verwalterin, der O.-V. bank I. GmbH als Musterwohnung benutzt wird. Der gebrochene Kugelhahn wurde vom Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen untersucht. Ursache des Schadens war eine Spannrisskorrosion aufgrund eines Materialfehlers.
Die Klägerin hat ihre Klage in erster Instanz zunächst gegen die Beklagte zu 1 gerichteter. Nachdem sich herausstellte, dass der Kugelhahn von der Beklagten zu 2 vertrieben wurde, hat die Klägerin gegen diese Klage erhoben und hinsichtlich der Beklagten zu 1 Klagerücknahme erklärt. Zur Darlegung des Schadensersatzanspruchs der Höhe nach hat sie 16 Schadenspositionen aufgelistet und jeweils auf Anlagen Bezug genommen. Insgesamt macht sie 17.053,72 EUR geltend. Zum Beweis der Richtigkeit und Schadensbedingtheit der Schadensbeträge hat sich die Klägerin - insoweit ohne nähere Aufschlüsselung - auf Zeugen- und Sachverständigenbeweis berufen. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Schadensersatzanspruch sei der Höhe nach nicht schlüssig dargetan.
Die Berufung macht geltend, das LG habe wesentlichen Sachvortrag übergangen. Es sei schlüssig vorgetragen, in welchen Wohneinheiten welche Schadensbeseitigungskosten notwendig geworden und angefallen sind. Die Beweisangebote seien auf den gesamten Schaden bezogen.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des LG Ravensburg vom 9.4.2009 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Ravensburg zurückverwiesen.
Hilfsweise:
Unter Aufhebung des Urteils des LG Ravensburg vom 9.4.2009 wird die Beklagte zu 2 verurteilt, an die Klägerin 17.053,72 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.10.2007 zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres Vorbringens.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin hat mit dem Hauptantrag Erfolg. Die Sache ist unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
1. Das dem Urteil zugrunde liegende Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel. Das LG hat die Darlegungen der Klägerin zur Schadenshöhe rechtsfehlerhaft als unschlüssig behandelt. Damit liegt eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG vor (BGH NJW-RR 2008, 1311).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihr...