Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung der Unwirksamkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen 2 HKO 89/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.07.2012; Aktenzeichen II ZR 55/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 22.4.2010 geändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Auf- sichtsrats der Beklagten vom 6.7.2007 über die einvernehmliche Aufhebung der Bestellung des Herrn A. K. zum Vorstand der Beklagten mit sofortiger Wirkung unter gleichzeitiger Wiederbestellung zum Vorstand der Beklagten mit einer Amtszeit vom 7.7.2007 bis zum 6.7.2012 (AR-Nr. 14/2007) nichtig ist.

2. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Aufsichtsrats der Beklagten vom 6.7.2007 über die einvernehmliche Aufhebung der Bestellung des Herrn G. B. zum Vorstand der Beklagten mit sofortiger Wirkung unter gleichzeitiger Wiederbestellung zum Vorstand der Beklagten mit einer Amtszeit vom 7.7.2007 bis zum 6.7.2012 (AR-Nr. 12/2007) nichtig ist.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 9.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die beklagte Aktiengesellschaft ist ein mittelständisches Bauunternehmen mit mehreren Niederlassungen und Schwestergesellschaften in Deutschland und im Ausland. Ihre Anteile sind so verteilt, dass 90 % der Aktien bei einer offenen Handelsgesellschaft liegen, deren alleinige Gesellschafter mit jeweils gleicher Beteiligung die Brüder E. und B. H. sind. Weitere 5 % der Aktien liegen in den Händen der I. H., der Ehefrau von E. H., die restlichen 5 % der Anteile bei den Kindern des B. H. (C. B. und S. H.). Zwischen den Familienstämmen des B. und des E. H. bestehen seit längerem erhebliche Spannungen, wie dem Senat u.a. aus dem Verfahren 4 U 196/09 bekannt ist.

Der Aufsichtsrat der Beklagten besteht aus 6 Mitgliedern. In den Jahren 2005 und 2006 bestellte der Aufsichtsrat A. K. und G. B. (Ehemann der Aktionärin C. B.) für 5 Jahre zu Mitgliedern des Vorstandes. Durch Beschlüsse vom 6.7.2007 wurden die Bestellungen der beiden Vorstandsmitglieder einvernehmlich aufgehoben; der Aufsichtsrat bestellte zugleich beide für die Dauer von 5 Jahren erneut zu Mitgliedern des Vorstandes. In derselben Aufsichtsratssitzung legte das weitere Mitglied des Vorstandes J. sein Amt nieder und übernahm mit Arbeitsvertrag vom selben Tag eine Tätigkeit für die Beklagte in A. D. Die Vorstandsmitglieder B. und K. übernahmen im Folgenden die Tätigkeitsbereiche des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds J. Am 7.7.2007 wählte die Hauptversammlung der Beklagten einen neuen Aufsichtsrat. Dieser stimmte am 26.10.2009 über die Abberufung der Vorstandsmitglieder K. und B. ab. Bei dieser Abstimmung kam es in dem 6-köpfigen Aufsichtsrat zu einer Patt-Situation. Gleichwohl stellte der damalige Vorsitzende des Aufsichtsrates als Ergebnis der Abstimmung fest, dass die Abberufung der Vorstände beschlossen sei. Die Vorstände K. und B. haben deshalb zunächst in dem Verfahren 1 HK O 47/09 (LG Frankenthal) beantragt, der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, den Widerruf ihrer Bestellung festzustellen oder zu vollziehen. Durch Urteil vom 1.12.2009 hat das LG auf den Widerspruch der Beklagten eine von ihm am 6.11.2009 entsprechend den Anträgen der Vorstände erlassene einstweilige Verfügung bestätigt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist durch Beschluss des Senats vom 23.6.2010 (Az. 4 U 196/09, veröffentlicht in MDR 2010, 1406) als unzulässig verworfen worden. In dem Hauptsacheverfahren (Az. 1 HKO 50/09 LG Frankenthal/Pfalz) hat das LG durch Urteil vom 11.5.2010 festgestellt, dass der in der Aufsichtsratssitzung vom 26.10.2009 ergangene Beschluss nicht wirksam ist. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 4, Januar 2011 (Az. 4 U 94/10) als unzulässig verworfen.

Der Kläger ist seit 21.8.2008 Mitglied des Aufsichtsrats. Er wurde von dem Familienstamm E. H. vorgeschlagen.

Er begehrt mit seiner im Juli 2009 beim LG eingegangenen Klage die Feststellung, dass die am 6.7.2007 gefassten Beschlüsse des Aufsichtsrats über die einvernehmliche Aufhebung der Organstellung und Neubestellung der Vorstandsmitglieder K. und B. nichtig sind.

Durch das angefochtene Urteil (veröffentlicht in BB 2010, 1626), auf welches zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat die 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.

Mit seiner Berufung bekämpft der Kläger das Urteil in vollem Umfang. Er rügt die Rechtsauffassung und die Beweiswürdigung des LG. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Er beantragt, das angefochtene ...

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