Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG Baden-Württemberg entschied, dass Arbeitnehmer selbst getragene Behandlungs- und Operationskosten infolge eines Autounfalls auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen dürfen.
Sachverhalt
Eine kaufmännische Angestellte erlitt auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle (erste Tätigkeitsstätte) einen Autounfall, der bei ihr eine operative Nasen- und Ohrmuschelkorrektur nach sich zog. Die selbst getragenen Behandlungs- und Operationskosten in Höhe von 2.400 EUR machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung 2014 neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte ab und verwies darauf, dass mit dem Ansatz der Entfernungspauschale sämtliche Kosten für den Arbeitsweg abgegolten sind. Der BFH habe diese Abgeltungswirkung bekräftigt, siehe BFH, Urteil v.20.3.2014, VI R 29/13, BStBl 2014 II S. 849 bekräftigt.
In ihrer dagegen gerichteten Klage verwies die Frau auf eine Aussage der Bundesregierung, wonach die Finanzverwaltung einen Abzug der Kosten im Billigkeitswege zulasse - konkret stützte sie sich auf eine entsprechende Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Meister auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Troost.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Kosten nicht neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können, da sie von der umfassenden Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst werden. Aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass auch außergewöhnliche Kosten - unabhängig von ihrer Höhe - mit der Entfernungspauschale abgegolten sind. Der BFH hat dies in seiner ständigen Rechtsprechung bestätigt. Eine Sonderbehandlung von Kosten für Personenschäden ist nach Ansicht des FG nicht angezeigt.
Hinweis
Nach der aktuellen Weisungslage der Finanzverwaltung dürfen Unfallschäden nach wie vor zusätzlich zur Entfernungspauschale als Werbungskosten anerkannt werden (H 9.10 LStH 2019 (Unfallschäden)). Das FG Baden-Württemberg erklärt, dass sowohl diese Weisungslage als auch die angeführte Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs nicht mit dem Gesetz vereinbar ist.
Die Revision ist beim BFH anhängig (Rev. eingelegt, Az VI R 8/18).
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2018, 5 K 500/17