Kirsten Wüst, Bernd Kuppinger
Analogie: E-Mail-Beantwortung
Man muss kein Produktionslogistiker sein, um sich schon einmal Gedanken über Durchlaufzeiten und eventuell auch über Losgrößen gemacht zu haben. Fast jeder Berufstätige sieht sich heute einer Flut von Anfragen und Informationen gegenüber, die per E-Mail auf seinem Rechner eingehen. Sich zu ärgern, hilft nicht viel, denn beantwortet werden müssen sie ja doch. Aber es gibt doch sehr unterschiedliche Weisen mit der E-Mail-Schwemme umzugehen. Ein bisschen ist das Typsache.
Schnelle Beantwortung vs. Verluste bei Konzentration und Effektivität
Der eine möchte gerne so schnell wie möglich antworten. Er will seinen Chef, seine Kunden oder auch seine Freunde nicht lange warten lassen. Er schreibt daher immer sofort zurück, wenn es nur "Pling" an seinem Rechner macht. Die Durchlaufzeit seiner Mails ist daher sehr gering. Allerdings merkt er auch, dass er durch die Beantwortung der Mails immer wieder aus seiner Arbeit und seinen Gedanken gerissen wird. Er muss jedes Mal neu auf den Arbeitsmodus "Mails beantworten" umschalten. Nach dem Abschicken muss er sich wieder in seine Gedankengänge bei der Arbeit, aus der er herausgerissen wurde, einfinden. Er hat dadurch hohe Rüstzeiten.
Die meisten Zeitmanagementbücher empfehlen daher eine andere Strategie. Man solle den Lautsprecher des Laptops ausschalten oder zumindest das akustische Anzeigen einer neuen Mail und bestimmte Stunden am Tag für die Beantwortung von Mails reservieren, z. B. nach dem Mittagessen, wenn man sowieso ein bisschen im Mittagstief ist, oder aber auch abends vor dem Feierabend. In jedem Fall kann man so mehrere Mails oder auch alle Mails eines Tages zu einem Los bündeln und hintereinander abarbeiten. Eine Rüstzeit, d. h. das Einstellen auf das Beantworten von Mails, fällt so nur einmal an. Das spart Zeit und Energie. Allerdings: Beantwortet man z. B. nur kurz vor Feierabend seine Mails, bekommt derjenige, der morgens eine wichtige Anfrage gestellt hat, auch erst abends eine Antwort. Die Durchlaufzeit ist hoch. Auch die Bestände unbearbeiteter Mails werden hoch sein.
Die Ziele der Reduktion der Durchlaufzeit und der Rüstzeit sind daher konträr zueinander. Eine Verringerung der Durchlaufzeit wird eine Erhöhung der Rüstzeit nach sich ziehen und umgekehrt. Hier gilt es, ein Optimum zu finden. Dieses kann je nach Präferenzen der Entscheider auch sehr unterschiedlich ausfallen.