Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Wer erworbene Optionen verfallen lässt, erfüllt nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG.
Normenkette
§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG, § 68, § 121 FGO
Sachverhalt
Herr K. machte einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften geltend, der auf dem Erwerb von Kaufoptionen beruhte, die K wegen Wertlosigkeit aber nicht ausgeübt hatte.
Das FA folgt dem Begehren nicht. Auch seine Klage hatte vor dem FG Münster keinen Erfolg (Haufe-Index 1480223, EFG 2006, 669).
Entscheidung
Der BFH folgte dem FG in seiner rechtlichen Beurteilung. Er konnte die Revision aber trotzdem nicht als unbegründet zurückweisen, sondern musste das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufheben. Denn das FA hatte den angefochtenen Bescheid nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG geändert. Der BFH konnte und musste deshalb aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG selbst die Klage abweisen.
Hinweis
1. Bei Optionen muss man das Geschäft zu ihrer Einräumung von dem Geschäft unterscheiden, das aufgrund der Option zustande kommt. Räumt jemand einem anderen eine Option auf eine ausländische Währung ein, z.B. derart, dass er 1,1 Mio. einer ausländischen Währung für 100 000 € liefern muss, wenn der andere seine Option ausübt, so ist dieses letztere Geschäft das sog. Basisgeschäft. Sinkt z.B. der Kurs der ausländischen Währung, wird der Optionsberechtigte seine Option nicht ausüben (weil er z.B. nur 70 000 € für die 1,1 Mio. der ausländischen Währung zahlen muss). Er wird allerdings dafür, dass sich der andere mittels der Option bindet, etwas zahlen müssen. Denn der Optionsgeber trägt ja das Risiko, dass der Kurs der ausländischen Währung steigt und er z.B. dann, wenn der Optionsberechtigte seine Option ausübt, die 1,1 Mio. für 100 000 € liefern muss, obschon er selbst dafür 150 000 € hingeben muss. Sinkt nun aber der Kurs, hat der Optionsberechtigte die Prämie – weil er die Option nicht ausübt – umsonst gezahlt. Kann er sie jedenfalls steuerlich geltend machen?
2. Mit genau dieser Frage musste sich der BFH beschäftigen, und er hat sie negativ beantwortet: Nein, der Verfall der Option ist nicht steuerbar. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG sind Termingeschäfte nämlich nur solche, durch die der Steuerpflichtige (u.a.) einen Differenzausgleich erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung dieses Rechts nicht mehr als ein Jahr beträgt. Der Tatbestand ist also nur erfüllt, wenn der Optionsinhaber tatsächlich einen Differenzausgleich (im oben genannten Beispiel den Unterschied der 1,1 Mio. der ausländischen Währung gegenüber 100 000 €) erlangt, d.h. das Basisgeschäft durchführt (in diesem Sinn schon BFH, Urteil vom 17.04.2007, IX R 40/06, BFH/PR 2007, 299). Hieran fehlt es, wenn der Optionsinhaber von seinem Recht auf Differenzausgleich keinen Gebrauch macht und die Option verfallen lässt. Es kommt also nicht allein darauf an, dass das Recht auf Differenzausgleich binnen Jahresfrist beendet wird, wenn tatsächlich in diesem zeitlichen Rahmen keine Differenz (zwischen zwei Werten, einem Basiswert und einem Marktwert) ausgeglichen wird.
3. Auch nach der Einführung der Abgeltungsteuer wird sich an diesem Ergebnis nichts ändern. Denn nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG n.F. gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn "bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt".
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.12.2007, IX R 11/06