Rz. 116

Das Gesetz enthält keine Legaldefinition des Begriffs der Mehr- oder Minderabführungen, führt aber in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG aus, dass Mehr- oder Minderabführungen insbesondere vorliegen, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist. Das "Mehr" oder "Minder" bezieht sich auf einen Vergleich, der nur anhand des Steuerbilanzgewinns vollzogen werden kann. Eine Mehrabführung liegt danach vor, wenn der handelsrechtlich nach dem Gewinnabführungsvertrag abgeführte Jahresüberschuss der Organgesellschaft höher ist als das Ergebnis der Organgesellschaft nach der Steuerbilanz. Dementsprechend liegt eine Minderabführung vor, wenn die Vermögensmehrung nach der Steuerbilanz höher ist als der handelsrechtlich abgeführte Jahresüberschuss.[1]

 

Rz. 116a

Es soll darauf hingewiesen sein, dass zahlreiche Fragen ungeklärt bei der Anwendung der Regelungen zu den Mehr- und Minderabführungen sind, weshalb insbesondere folgende Aspekte zu Rechtsunsicherheiten trotz gesetzlicher Normierung in § 14 Abs. 4 KStG führen:

  • eine gesetzliche Definition findet sich nur für Mehr- und Minderabführungen in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG, so dass unklar ist, ob diese Definition auch für Mehr- und Minderabführungen aus vororganschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 3 KStG und für die Anwendung des § 27 Abs. 6 KStG bei der Erfassung im Einlagekonto anzuwenden ist;
  • das Ausmaß der Bedeutung von "insbesondere" in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG unklar bleibt und eine erweiterte Anwendung auf andere Sachverhalte möglich erscheint;
  • die Abgrenzung zwischen vororganschaftlich und organschaftlich verursachter Mehr- und Minderabführungen nicht geregelt ist und vollkommen ungeklärt bleibt;
  • Mehr- und MInderabführungen bei mittelbarer Organschaft ungeregelt sind.[2]
 

Rz. 117

Minderabführungen liegen danach insbesondere vor, wenn der an den Organträger handelsrechtlich abgeführte Gewinn niedriger ist als der Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem (höheren) Steuerbilanzgewinn und der handelsrechtlichen Gewinnabführung erhöht nach § 27 Abs. 6 KStG das steuerliche Einlagekonto bei der Organgesellschaft, wenn die Ursache der Minderabführung in organschaftlicher Zeit begründet wurde. Eine Minderabführung liegt insbesondere vor, wenn Beträge aus dem Jahresüberschuss bei der Organgesellschaft in die Rücklagen eingestellt werden.

 

Rz. 118

Die Differenz zwischen Ergebnisabführung und zuzurechnendem Einkommen (nicht Steuerbilanzergebnis) kann aus folgenden 2 Gründen resultieren:

  • Die handelsrechtlich abgeführte Vermögensveränderung bzw. Verlustübernahme kann höher oder niedriger sein als die in das Einkommen eingegangene Vermögensänderung nach der Steuerbilanz. Die Differenz resultiert aus der unterschiedlichen Ermittlung des Handels- und Steuerbilanzgewinns und hat ihren Grund im Vermögensbereich der Organgesellschaft (Unterschied Handelsbilanz- und Steuerbilanzergebnis).
  • Die Ermittlung des steuerlichen Einkommens weicht von der handelsrechtlich abgeführten Vermögensveränderung bzw. Verlustübernahme aufgrund von außersteuerbilanziellen Zu- und Abrechnungen ab, die ihre Ursache in der Technik der Einkommensermittlung hat. Diese Zu- und Abrechnungen gehören weder zum Handels- noch zum Steuerbilanzgewinn und führen daher nicht zu einem Unterschied zwischen Handels- und Steuerbilanz (außerbilanzielle Korrekturen der Einkommensermittlung).

Aus steuerlicher Sicht sind nur die Abweichungen zwischen der handelsrechtlichen Ergebnisabführung und der steuerlichen Einkommenszurechnung aus dem Vermögensbereich (Steuerbilanzergebnis) problematisch, da aus der zeitlich unterschiedlichen Erfassung eine Doppelbesteuerung resultieren könnte. Nur diese Abweichungen im Vermögensbereich führen zu Mehr- oder Minderabführungen.[3]

 

Rz. 119

Unterschreitet das dem Organträger zuzurechnende Einkommen aus dem Vermögensbereich (Steuerbilanzergebnis) den handelsrechtlich an den Organträger abgeführten Gewinn, mindert der Unterschiedsbetrag gem. § 27 Abs. 6 KStG das steuerliche Einlagekonto bei der Organgesellschaft, sofern die handelsrechtlichen Mehrabführungen ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben. Eine Mehrabführung kann sich aus der Auflösung von in der Vertragszeit gebildeten Rücklagen ergeben. Diese Grundsätze sind entsprechend bei anderen Mehr- und Minderabführungen anzuwenden. Mehrabführungen sollen sogar dazu führen können, dass das Einlagekonto der Organgesellschaft negativ werden kann.[4]

 

Rz. 120

Durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007[5] ist erstmals eine gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 4 KStG eingeführt worden, die die Bildung steuerlicher Ausgleichsposten für Mehr- und Minderabführungen in organschaftlicher Zeit beim Organträger festschreibt und nach § 39 Abs. 9 Nr. 5 KStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 gelten soll. Damit ist die Auffassung der Finanzverwaltung gesetzlich verankert worden, die bereits vorher die Bildung ste...

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