Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Frage, ob die Einräumung eines Fischereirechts eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie darstellt. Die Klägerin war eine deutsche GmbH, die in Österreich in den Jahren 1997 und 1998 ein sog. Fischkartenkontingent für einen in Oberösterreich gelegenen Fluss (sog. Gmundner Traun) erworben hatte. Durch dieses Fischkartenkontingent erhielt die Klägerin Fischereikarten, die sie an eine große Zahl von Abnehmern in Deutschland, Italien, Niederlande, Belgien usw. verkaufte. Die Fischereikarten berechtigten zum Fischen an bestimmten Teilstücken des Flusses. Für den Erwerb des Fischereikartenkontingents stellte die Klägerin in Österreich einen Antrag auf Vorsteuervergütung nach der 8. EG-Richtlinie. Dieser Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, die Weitergabe der Fischereikarten bzw. die Einräumung der Fischereirechte stelle eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dar und sei somit eine in Österreich steuerbare Dienstleistung. Demzufolge könnten die Vorsteuern nicht im Vergütungsverfahren nach der 8. EG-Richtlinie erstattet werden.
Nach dem EuGH-Urteil war der Standpunkt der beklagten österreichischen Finanzbehörde, dass die Leistung in Österreich steuerbar war, zutreffend. Bei der Einräumung der Fischereirechte handelte es sich um eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie. Insofern hat der EuGH auch den Schlussanträgen des Generalanwalts in dieser Sache widersprochen. Nach der Richtlinienvorschrift gilt als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z.B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist.
Entscheidung
Der EuGH hatte sich bislang noch nicht explizit mit dieser Richtlinienvorschrift befasst. Allerdings hatte er sich in mehreren Entscheidungen mit dem Begriff der Vermietung von Grundstücken auseinander gesetzt. Eine solche Leistung besteht im Wesentlichen darin, dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 18.11.2004, C-284/03 (Temco Europe SA). Ausschlaggebend sind die tatsächlich bestehenden Vertragsbeziehungen; ein Mietvertrag kann sich auch auf bestimmte Teile eines Grundstücks beziehen, die gemeinsam mit anderen Mietern zu nutzen sind. Solche vertraglichen Beschränkungen des an der Mietsache bestehenden Nutzungsrechts schließen nicht aus, dass die Vertragsparteien gegenüber allen anderen Personen, die nicht Vertragspartner sind, ein ausschließliches Nutzungsrecht an der Mietsache haben (so ebenfalls EuGH, Urteil vom 18.11.2004, C-284/03). Nach dem Urteil vom 12.6.2003, C-275/01 (Sinclair Collis Ltd) muss allerdings die Nutzung eines Grundstücks im Vordergrund stehen. Dem Vertragspartner muss eine Fläche oder ein Standort passiv überlassen und ihm dabei das Recht zugesichert werden, diese Fläche oder diesen Standort wie ein Eigentümer in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Dass ein Gelände von Wasser überflutet ist, steht seiner Einordnung als Grundstück nicht entgegen (vgl. EuGH, Urteil v. 3.3.2005, C-428/02 (Fonden Marselisborg Lystbadehavn)).
Hinweis
Zwar fällt nach dem nun ergangenen Urteil nicht jede Dienstleistung, weil sie einen, wenn auch sehr schwachen, Zusammenhang mit einem Grundstück aufweist, unter Artikel 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie, da viele Leistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück verbunden sind. Die Einräumung eines Fischereirechts hat nach dem EuGH-Urteil aber einen ausreichend engen Zusammenhang mit einem Grundstück. Die Angler haben das Recht, eine bestimmte Wasserfläche zu nutzen. Die Einräumung eines Fischereirechts ist ohne eine Nutzung der jeweiligen Wasserfläche nicht denkbar. Insofern ist der auch der in Abschnitt 34 Abs. 2 UStR geforderte enge Zusammenhang mit einem Grundstück richtlinienkonform.
Die Frage, ob die Einräumung des Rechts ggf. unter Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e hätte fallen können, hat der EuGH wohl deshalb nicht untersucht, weil die Vorlagefrage nicht darauf gerichtet war. Gleichwohl dürfte die Entscheidung im Ergebnis zutreffend sein. In Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e erster Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie sind grundsätzlich immaterielle Rechte angesprochen, die in unterschiedlichen einschlägigen Rechtsvorschriften normiert sind. Demgegenüber hat die Überlassung der Möglichkeit, in einem bestimmten Flussabschnitt zu fischen, mehr den Charakter einer Verpachtung (Überlassung eines Grundstücks mit der Möglichkeit der Fruchtziehung).
Link zur Entscheidung
EuGH, ...