Sachverhalt
Bei dem polnischen Verfahren ging es um Fragen des Ortes von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen. Die Vorlagefragen richten sich auf die bis zum 31.12.2009 geltende Rechtslage. Fraglich war der Ort von Dienstleistungen in Form der Bereitstellung von Messeständen, die nicht vom Veranstalter der Messe, sondern von einem Dritten erbracht werden. Das vorlegende Gericht hielt es für fraglich, ob diese Leistungen nach Art. 52 Buchst. a MwStSystRL a.F. (mit "ähnlicher Tätigkeit" zusammenhängende Dienstleistungen) oder gemäß Art. 56 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL a.F. (Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung) zu behandeln sind.
Die Klägerin erbringt Leistungen in Form des Aufbaus und der Vermietung von Ausstellungs- und Messeständen an Kunden, die ihr Angebot dort vorstellen. Die Klägerin ist dabei nicht gleichzeitig Veranstalter der Ausstellung oder Messe.
Der EuGH musste prüfen, ob die Dienstleistungen unter Art. 52 Buchst. a, Art. 56 Abs. 1 Buchst. b oder aber unter Art. 45 MwStSystRL fallen. Nach Art. 45 MwStSystRL ist Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist.
Der Generalanwalt vertrat in seinen Schlussanträgen die Auffassung, dass für die genannten Leistungen Art. 52 Buchst. a MwStSystRL a.F. ("Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur ...") gilt. Er ging mit keinem Wort auf die Anwendbarkeit von Art. 45 MwStSystRL a.F. ein.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass eine Dienstleistung, die darin besteht, für Kunden, die ihre Waren oder Dienstleistungen auf Messen und Ausstellungen vorstellen, einen Messe- oder Ausstellungsstand zu entwerfen, vorübergehend bereitzustellen und, gegebenenfalls, zu befördern und aufzustellen, unter folgende Ortsregelungen fallen kann:
- unter Art. 56 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL a.F., wenn der Messestand für Werbezwecke entworfen oder verwendet wird; in diesem Fall läge eine Werbedienstleistung vor, die am Sitzort des Leistungsempfängers steuerbar ist, wenn dieser im Drittlandsgebiet ansässig oder ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger EU-Unternehmer ist. Eine Werbedienstleistung nimmt der EuGH an, wenn der Messestand zur Übermittlung einer Botschaft verwendet wird, mit der das Publikum zur Erhöhung des Absatzes über die Existenz und die Eigenschaften des vom Empfänger angebotenen Erzeugnisses oder der von ihm angebotenen Dienstleistung unterrichtet werden soll, oder untrennbar zu einer Werbekampagne gehört und zur Übermittlung der Werbebotschaft beiträgt. Das soll u.a. dann der Fall sein, wenn der Stand der Träger für die Übermittlung einer Botschaft ist, mit der das Publikum über die Existenz und die Eigenschaften der Erzeugnisse unterrichtet werden soll, oder absatzfördernden Veranstaltungen dient. Unter diesen Voraussetzungen dürfte nahezu jeder Messestand diese Voraussetzungen erfüllen, denn Messen sind regelmäßig auch Absatzwerbeveranstaltungen. Nicht darunter würden höchstens Messestände von juristischen Personen des öffentlichen Rechts fallen, die keine eigenen Vertriebsinteressen, sondern nur reine Informationsinteressen verfolgen.
- unter Art. 52 Buchst. a MwStSystRL (a.F.), wenn der Messestand für eine bestimmte Messe oder Ausstellung zu einem Thema aus dem Bereich der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder einem ähnlichen Gebiet entworfen und bereitgestellt wird oder wenn der Stand einem Modell entspricht, dessen Form, Größe, materielle Beschaffenheit oder Aussehen vom Veranstalter einer bestimmten Messe oder Ausstellung festgelegt wurde; in diesem Fall läge eine kulturelle oder vergleichbare Tätigkeit vor, die dort steuerbar ist, wo die Dienstleistung tatsächlich bewirkt wird.
- unter Art. 56 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie, wenn die entgeltliche vorübergehende Bereitstellung der materiellen Bestandteile, die den betreffenden Stand bilden, ein bestimmendes Element dieser Dienstleistung ist; in diesem Fall läge die Vermietung eines beweglichen körperlichen Gegenstands vor, die am Sitzort des Leistungsempfängers steuerbar ist, wenn dieser im Drittlandsgebiet ansässig oder ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger EU-Unternehmer ist.
Ausdrücklich ausgeschlossen ist nach dem Urteil die Möglichkeit, dass es sich bei der Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Messestand um eine grundstücksbezogene Leistung handelt. Diese von der Bundesregierung vorgetragene Alternative hat der EuGH mit dem Argument zurückgewiesen, dass eine solche Dienstleistung keinen direkten Zusammenhang mit einem Grundstück aufweise, da die bloße Tatsache, dass ein Messe- oder Ausstellungsstand punktuell und befristet auf einem Grundstück oder innerhalb einer Immobilie errichtet wird, insoweit nicht ausreichend sei.
Hinweis
Das Urteil ist zwar zu der bis 31.12.2009 geltenden Rechtslage zum Ort der Dienstleistungen ergangen, es hat aber dennoch Auswirkungen auf das geltende Recht. Dieses sieht in Abschnitt 3a.4 Abs. 1 UStAE prinzipiell vor, dass es sich ...