Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Nicht von einem Steuerberater ausgeführte Buchhaltungsleistungen fallen nicht unter die Katalogleistungen des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG.
Sachverhalt
Die Klägerin war Teil eines grenzüberschreitenden Firmenverbunds. Im Rahmen dieses Firmenverbunds (kein einheitliches Unternehmen) wurden gemäß einer schriftlichen Vereinbarung diverse Leistungen (technische und wirtschaftliche Beratung, Buchhaltungsleistungen) an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Teil des Firmenverbunds ausgeführt. Da in den Rechnungen keine detaillierten Angaben über die einzeln ausgeführten Leistungen enthalten waren, unterwarf das Finanzamt einheitlich die Leistungen in Deutschland der Umsatzbesteuerung. Die Klägerin war der Auffassung, dass die Leistungen insgesamt nach § 3a Abs. 4 Nr. 3 i. V. m. Abs. 3 UStG a.F. am Sitz des Leistungsempfängers - im Drittlandsgebiet - ausgeführt sind und damit nicht steuerbar in Deutschland seien.
Entscheidung
Nach einer ausführlichen Beweisaufnahme gab das Finanzgericht der Klage zum Teil statt. Entsprechend der gefestigten Rechtsprechung des BFH kommt es ausschließlich auf die Ausführung der tatsächlichen Leistungen an. Für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung kann nicht auf den Rechnungsinhalt abgestellt werden.
Die nach der Beweisaufnahme durch das Gericht auf die wirtschaftliche und technische Beratung entfallenden Entgeltsanteile unterliegen in Deutschland nicht der Umsatzsteuer, da der Ort der Leistung nach der zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistung maßgebenden Rechtslage nach § 3a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. (bis 31.12.2009) im Drittlandsgebiet war.
Soweit das Entgelt auf die Buchhaltungsleistungen entfiel, lag eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Leistung vor. Der Ort der Buchhaltungsleistungen bestimmt sich in diesem Fall nicht nach § 3a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. (bis 31.12.2009). Es handelt sich bei den ausgeführten Buchhaltungsleistungen nicht um sonstige Leistungen aus der Tätigkeit als Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder ähnliche Leistungen anderer Unternehmer. Zwar handelt es sich bei Buchhaltungsleistungen um Leistungen, die fast jeder Steuerberater anbietet, diese Leistungen werden aber regelmäßig nicht von dem Steuerberater selber ausgeführt, sondern von Angestellten, die über eine Ausbildung als Steuerfachgehilfe oder Bilanzbuchhalter verfügen. Darüber hinaus sind Buchhaltungsleistungen nicht Steuerberatern vorbehalten, sie werden auch in vielen anderen Fällen von angestellten Buchhaltungskräften in den Unternehmen oder Firmengruppen selbst ausgeführt.
Die Tätigkeit als Buchhalterin fällt auch nicht unter die Tätigkeit eines Beraters. Denn unter "Beratung" ist die Vermittlung von Informationen zur Lösung konkreter Fragen zu verstehen. Die Buchhaltungsleistungen fallen demnach (bis 31.12.2009) unter § 3a Abs. 1 UStG a. F. und sind dort ausgeführt, wo der leistende Unternehmer ansässig ist.
Hinweis
Die Entscheidung erging noch zu der alten Regelung des Orts der sonstigen Leistung in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung. In der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung würde sich in diesem Fall (eine sonstige Leistung wird an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt) nach § 3a Abs. 2 UStG der Ort der Leistung dort ergeben, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt - im vorliegenden Fall nicht in Deutschland. Die Bedeutung der sog. "Katalogfälle" des § 3a Abs. 4 UStG ist seit dem 1.1.2010 auf die Fälle reduziert, in der Leistungen an einen Nichtunternehmer (im Drittlandsgebiet) ausgeführt werden.
Zu beachten ist auch, dass die Hinweise des Gerichts zu der offensichtlich nicht die tatsächlichen Leistungen aufnehmenden Rechnung betreffenden Hinweise nicht auf andere Fragen übertragen werden können. Wird in einer Rechnung Umsatzsteuer für eine Leistung ausgewiesen, die tatsächlich nicht ausgeführt worden ist, schuldet der die Rechnung ausstellende Unternehmer die Umsatzsteuer (zusätzlich zu der Umsatzsteuer aus der tatsächlich ausgeführten Leistung) nach § 14c Abs. 2 UStG. Ist die Leistung falsch oder nicht hinreichend genau in der Rechnung beschrieben, ist darüber hinaus ein Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger ausgeschlossen.
Da die Frage, ob Buchhaltungsleistungen unter die Katalogleistungen des § 3a Abs. 4 UStG fallen, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist, ist Revision zu dem Urteil zugelassen worden.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.05.2011, 7 K 7226/07