Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit der besonderen Streitwertvorschriften der§§182, 185 S. 3 Insolvenzordnung (InsO) bei Feststellung einer Masseverbindlichkeit. Anforderung der voraussichtlichen Kosten einer dem Insolvenzverwalter als Abfallbesitzer angedrohten Ersatzvornahme als Insolvenzforderung
Leitsatz (amtlich)
1. Die besonderen Streitwertvorschriften der §§ 182, 185 Satz 3 InsO betreffen nur solche Verfahren, bei denen Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO Gegenstand einer „Feststellung” nach dem ersten Abschnitt des fünften Teils der InsO sind.
2. Um keine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO handelt es sich bei der Anforderung der voraussichtlichen Kosten einer dem Insolvenzverwalter als Abfallbesitzer angedrohten Ersatzvornahme.
Normenkette
InsO §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 174, 182, 185 S. 3
Verfahrensgang
VG Magdeburg (Entscheidung vom 24.08.2010; Aktenzeichen 1 B 240/10) |
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zutreffend auf 1.250,00 EUR festgesetzt.
Die Festsetzung des Streitwertes orientiert sich gemäß §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG an der Höhe der Kosten, die der Antragsgegner für die angedrohte Ersatzvornahme geschätzt und vom Antragsteller im Voraus gefordert hat. Dieser Betrag (2.500,00 EUR) ist im vorläufigen Rechtschutzverfahren zu halbieren.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist hier nicht die Sonderregelung in § 182 InsO heranzuziehen. Danach bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands bei einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Die Vorschrift gilt zwar gemäß § 185 Satz 3 InsO entsprechend, wenn die „Feststellung” bei einem anderen Gericht zu betreiben ist, und darüber hinaus auch für die Streitwertfestsetzung in dem sich an die Feststellung durch Verwaltungsakt (§ 185 Satz 1 Alt. 2 InsO) anschließenden Verfahren der allgemeinen und besonderen Verwaltungsgerichte (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 23.07.2007 – 4 O 199/07 –, […], m. w. Nachw.). Die §§ 182, 185 InsO betreffen aber nur solche Verfahren, bei denen Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO Gegenstand der Feststellung sind. Der erste Abschnitt des fünften Teils der InsO (§§ 174 ff.) regelt das Verfahren über die „Feststellung der Forderungen”. Nach § 174 InsO anmeldbar sind indes nur vermögensrechtliche Ansprüche im Sinne von § 38 InsO, also Geldforderungen oder Forderungen, die in Geld umgerechnet werden können, und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind (vgl. Sinz in: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 174 RdNr. 2, m. w. Nachw.).
Um eine solche Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO handelt es sich bei der hier streitigen Anforderung der voraussichtlichen Kosten für die dem Antragsteller angedrohte Ersatzvornahme nicht. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Stadt (Gemeinschuldnerin) am 01.07.1999 ging die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über deren Vermögen gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Antragsteller über. Der Antragsgegner hat angenommen, der Antragsteller sei damit im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG Besitzer der Abfälle geworden, die auf dem Gelände der von der Gemeinschuldnerin ehemals betriebenen Hausmülldeponie E. lagern. Eine sich daraus ergebende abfallrechtliche Verantwortlichkeit, die u.a. die Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG beinhaltet, führt als persönliche Verpflichtung des Insolvenzverwalters notwendigerweise zu ihrer Einordnung als Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03 –, BVerwGE 122, 75). Nichts anderes gilt für die Anforderung der Kosten einer Ersatzvornahme, die dem Insolvenzverwalter im Fall der Nichterfüllung dieser Pflicht angedroht wird.
Eine entsprechende Anwendung des § 182 InsO (i.V.m. § 185 Satz 3 InsO) auf Verfahren, mit denen sich der Insolvenzverwalter gegen seine Inanspruchnahme wegen einer Masseverbindlichkeit wendet, scheidet bereits nach seiner systematischen Stellung im fünften Teil des ersten Abschnitts der Insolvenzordnung aus. Gegenstand dieser Regelungen ist ausweislich der amtlichen Überschrift die „Befriedigung des Insolvenzgläubigers”; sie betreffen allein Forderungen der Gläubiger gegenüber dem Gemeinschuldner (vgl. ThürOVG, Beschl. v. 26.01.2009 – 3 VO 52/07 – ZInsO 2009, 1067).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Fundstellen
NVwZ-RR 2011, 264 |
NVwZ-RR 2011, 264, 264 |
AbfallR 2011, 100 |
AbfallR 2011, 100, 100 |