Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Aussnahmegenehmigung einer Steurberatungsgesellschaft für eine Inkassotätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die gewerbliche Inkassotätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft ist mit dem Berufsbild des Steuerberaters nicht vereinbar, zumindest wenn der Gesellschaft Personen angehören, die gleichzeitig Mitglieder einer für das Factoring der Gesellschaft werbenden Genossenschaft sind.
Normenkette
StBerG §§ 33, 57 Abs. 3, 4 Nr. 1, § 64 Abs. 2 S. 1; BOStB § 16
Verfahrensgang
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 24.02.2011; Aktenzeichen 4 K 952/10.NW) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als anerkannte Steuerberatungsgesellschaft eine Ausnahmegenehmigung für eine Inkassotätigkeit.
Die Klägerin wurde im Frühjahr 2008 von ihrer Geschäftsführerin und deren Sohn gegründet. Beide gehören dem Vorstand der D… … eG (D… eG) an. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung war Gegenstand des Unternehmens “die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen sowie die damit zu vereinbarenden Tätigkeiten i.S.d. StBerG”. Nach Eintragung in das Handelsregister erkannte die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 15. Oktober 2008 als Steuerberatungsgesellschaft an. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15. Mai 2009 wurde § 2 Abs. 1 der Satzung um den Zusatz “insbesondere des § 64 StBerG” erweitert.
Mit Bescheid vom 7. August 2009 widerrief die Beklagte die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft, da Gegenstand des Unternehmens nunmehr auch die gewerbliche Inkassotätigkeit sei. Diese gehöre weder zu den Vorbehaltsaufgaben nach § 33 des Steuerberatungsgesetzes (im Folgenden StBerG) noch zu den vereinbaren Tätigkeiten nach § 57 Abs. 3 StBerG und könne auch nicht nach § 57 Abs. 4 Nr. 1, 2. Hs. StBerG genehmigt werden. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 24. Februar 2010 – 2 K 2185/09 – abgewiesen. Das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren wurde durch Beschluss vom 4. März 2010 – VII B 110/09 – bis zur Entscheidung über die im Verwaltungsrechtsweg zu klärende Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Genehmigung ihrer gewerblichen Betätigung hat, ausgesetzt.
Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1, 2. Hs. StBerG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2010 ab und wies den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 15. September 2010 zurück. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage durch Urteil vom 24. Februar 2011 als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
Sie bedürfe keiner Ausnahmegenehmigung, da ihre Tätigkeit bereits nach § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG erlaubt sei. Zumindest habe sie Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1, 2. Hs. StBerG, da sich aus § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG mittelbar ergebe, dass das von ihr beabsichtigte Inkasso gesetzeskonform und somit mit der Steuerberatungstätigkeit vereinbar sei. § 16 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (im Folgenden: BOStB) sehe die Genehmigung gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen vereinbarer Tätigkeiten ausdrücklich vor.
Ihre Pflicht zur Verschwiegenheit sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durch die beabsichtigte Inkassotätigkeit nicht gefährdet. Sie habe im Übrigen ihr Konzept zwischenzeitlich dahingehend geändert, dass sie auf jede Zusammenarbeit mit der D… eG beim Forderungsmanagement verzichte. Die Genossenschaft sei nur noch für die Werbung sowie die Vertragsanbahnung mit den Steuerberatern zuständig. Auf dieses Geschäftsmodell – entsprechend den mit Schriftsatz vom 6. Juni 2011 vorgelegten allgemeinen Vertragsbedingungen und dem ebenfalls vorgelegten Vertragsformular (Blatt 323 ff. der Gerichtsakte) – beziehe sich ihr Genehmigungsantrag nunmehr. Eine Gefahr für die unabhängige Berufsausübung bestehe weder wegen der Existenz der D… eG noch wegen Personenidentität oder Synergieeffekten zwischen der Klägerin und dieser Genossenschaft. Eine Gewinnabführung an die Genossenschaft gebe es nicht.
Die Tätigkeiten von Steuerberatern und Rechtsanwälten seien im Übrigen in jeder Hinsicht vergleichbar. Eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Inkassos sei daher durch nichts zu rechtfertigen.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2011 den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2010 aufzuheben
und
2. die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot der gewerblichen Tätigke...