OFD Koblenz, Verfügung v. 15.12.2005, S 2246 A
Zur Qualifizierung der Einkünfte von interprofessionellen Partnerschaftsgesellschaften oder Sozietäten insbesondere zwischen Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten wird wie folgt Stellung genommen:
1. Gesellschafter- und tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise
Entgegen der bisherigen Auffassung (siehe die Kurzinformation vom 22.10.2002, S 2246 A – Nr. 067/02) sind die Einkünfte der o.g. Partnerschaftsgesellschaften bzw. Sozietäten grundsätzlich nicht als gewerbliche, sondern als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu qualifizieren, wenn die Tätigkeiten der einzelnen Partner in der Partnerschaftsgesellschaft oder Sozietät die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Qualifizierung der Einkünfte einer Partnerschaftsgesellschaft oder Sozietät eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise vorzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1981, BStBl 1982 II S. 340; vom 23.11.2000, BStBl 2001 II S. 241).
Die berufs- bzw. standesrechtliche Rechtslage ist für die steuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte einer Partnerschaft oder Sozietät grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.10.1981, a.a.O.).
2. Extreme Abweichung zwischen Gewinnverteilungsabrede und Tätigkeitsbeiträgen
Eine freiberufliche Tätigkeit ist durch die Personenbezogenheit der erbrachten Leistung gekennzeichnet (sog. „Höchstpersönlichkeit der Einkunftserzielung”). Hiermit ist grundsätzlich nicht vereinbar, dass ein Partner über die Gewinnverteilung an Einnahmen partizipiert, die andere Gesellschafter aus einer Tätigkeit erzielt haben, welche dem Partner nicht erlaubt ist (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2000, a.a.O.).
Eine Gewerblichkeit der Einnahmen dieses Gesellschafters mit der Folge einer Infektion der Gesamteinnahmen der Partnerschaftsgesellschaft oder Sozietät i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG soll allerdings nach einem Beschluss der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nur dann angenommen werden, wenn die Gewinnverteilungsabrede extrem von den tatsächlichen Tätigkeitsbeiträgen abweicht. Gleiches gilt bei einer nur kapitalistischen Beteiligung eines Gesellschafters und Mitunternehmers. Unschädlich ist dabei eine pauschale Zuordnung sowohl der Einnahmen als auch von Gemeinkosten, wenn eine Aufteilung auf die einzelnen Gesellschafter andernfalls nur durch eine nicht praktikable Einzelerfassung möglich wäre.
Die Kurzinformation vom 22.10.2002, S 2246 A – Nr. 67/02 ist überholt.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1