Leitsatz
1. Der kapitalisiert ausgezahlte Zinszuschuss für die Aufnahme eines langjährigen Kapitalmarktdarlehens ist passiv abzugrenzen.
2. Der Rechnungsabgrenzungsposten ist ratierlich über die gesamte Darlehenslaufzeit und je nach Ausgestaltung des Darlehensvertrags linear oder degressiv aufzulösen.
3. Bei vorzeitiger Sondertilgung des Darlehens ist der Passivposten im Verhältnis der Sondertilgung zu dem Gesamtdarlehensbetrag aufzulösen.
Normenkette
§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes hatte ein Landwirt mit drei Krediten finanziert. Das dritte Darlehen belief sich auf 30 % des Gesamtbetrags. Damit entsprach es exakt der Summe, die der Landwirt aus einem Agrarförderinvestitionsprogramm als kapitalisierten Zinszuschuss für die Fremdkapitalfinanzierung erhielt. Die Förderbedingungen sahen eine Finanzierung über 20 Jahre vor. Während dieser Zeit sollte die Förderung einen Zins von 5 % abdecken. Der Zuschuss wurde kapitalisiert und zu Beginn der Finanzierung ausgezahlt. Der Landwirt zahlte mit dem Förderbetrag sofort das dritte Darlehen zurück.
In seiner Bilanz bildete der Landwirt nach Erhalt des Zuschusses einen passiven RAP und löste ihn bezogen auf eine Laufzeit von 20 Jahren linear auf. Das FA behandelte jedoch 30 % des Zuschussbetrags als sofort gewinnerhöhend.
Mit der Klage hatte der Landwirt zunächst Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.03.2006, 2 K 177/05, Haufe-Index 1527122, EFG 2006, 1408).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Es sei zwar ein passiver RAP zu bilden, dessen Auflösung sich über 20 Jahre erstrecke. Im Hinblick auf die Tilgung der bezuschussten Darlehen i.H.v. 30 % sei der RAP jedoch insoweit vorzeitig aufzulösen. Wegen des Verböserungsverbots könne nicht berücksichtigt werden, dass der RAP im Übrigen degressiv aufgelöst werden müsse.
Hinweis
1. Passive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) sind für Einnahmen zu bilden, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen. Dies gilt gleichermaßen für Handels- und Steuerbilanzen (§ 250 Abs. 2 HGB;§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG). RAP sind Ausdruck eines dynamischen Bilanzverständnisses, denn sie ordnen Ertrag und Aufwand nicht dem Gewinnermittlungszeitraum der Vereinnahmung oder Verausgabung, sondern dem Gewinnermittlungszeitraum zu, in dem Ertrag oder Aufwand realisiert sind.
2. Wie ein auf die Laufzeit eines Darlehens vorausgezahlter Zins in Gestalt eines Disagios als aktiver RAP angesetzt wird (handelsrechtlich Wahlrecht gem. § 250 Abs. 3 HGB, steuerrechtlich Aktivierungspflicht, § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG), ist nach dem Besprechungsurteil auch ein vorausgezahlter Zinszuschuss als passiver RAP über die Laufzeit der bezuschussten Darlehen zu verteilen.
Allerdings liegt im Fall des Zinszuschusses ein Dreiecksverhältnis zwischen Zuschussgeber, Darlehensnehmer und Darlehensgeber vor, während das Disagio nur im Verhältnis der am Darlehensvertrag Beteiligten geleistet wird. Darlehen und Zinsvorauszahlung stehen dort in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, sodass der Vorschuss für eine bestimmte Gegenleistung gezahlt wird. Beim Zinszuschuss erbringt der Empfänger dem Bezuschussenden nicht in jedem Fall eine unmittelbare Gegenleistung, wenn nämlich etwa wie im Urteilsfall der Zuschuss als Fördermaßnahme aus öffentlichen Kassen geleistet wird. Wenn allerdings der Zuschussempfänger bestimmte Förderbedingungen erfüllen muss und diese die Darlehensaufnahme über eine bestimmte Dauer vorsehen, reicht dies nach Meinung des BFH als "Gegenleistung" über eine bestimmte Zeit aus. Der vorweg gezahlte Zinszuschuss wird damit dem Disagio gleichgestellt.
3. Aus der Gleichstellung mit dem Disagio folgt zugleich, dass der Zinszuschuss entsprechend dem Zinsaufwand über die Laufzeit zu verteilen ist. Es kommt also bei einem laufend zu tilgenden Darlehen zu einer degressiven Auflösung, bei einem zur Endfälligkeit zu tilgenden Darlehen zur linearen Auflösung des RAP. Eine vorzeitige Darlehensablösung hat die dementsprechend vorzeitige Auflösung des RAP zur Folge.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.06.2009 – IV R 26/06