1.1 Krankheitsbedingte Pflegekosten
Zu unterscheiden sind krankheitsbedingte von nicht krankheitsbedingten Pflegekosten. Nur die ausschließlich krankheitsbedingten Pflegekosten, d. h. Aufwendungen zur unmittelbaren Heilung oder Linderung einer Krankheit, sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar, soweit sie nicht anderweitig, z. B. von der Kranken- oder Pflegeversicherung, gedeckt sind.
Rein altersbedingte Kosten keine außergewöhnliche Belastung
Rein altersbedingte Kosten, die anfallen, weil ein älterer Mensch nicht mehr für sich sorgen kann oder will, sind keine außergewöhnliche Belastung, insbesondere keine Krankheitskosten. Denn der normale Alterungsprozess ist nichts Außergewöhnliches. Erhöhte altersbedingte – nicht krankheitsbedingte – Pflege- und Betreuungskosten rechnen zu den üblichen Lebensführungsaufwendungen und sind bereits in Höhe des Existenzminimums mit dem Grundfreibetrag und dem Altersentlastungsbetrag abgegolten.
Steht aber fest, dass die Pflegebedürftigkeit krankheitsbedingt ist, ist es unerheblich, ob diese infolge Krankheit, Behinderung oder Alter (Altersgebrechen) eingetreten ist. Es ist sonach nicht zwischen "normalen" und altersbedingten Erkrankungen zu unterschieden. Aufwendungen wegen ständiger Pflegebedürftigkeit sind unter dem Gesichtspunkt der Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, da eine solche – auch bei älteren Menschen – keine typische Erscheinung, sondern die Ausnahme darstellt. Für den Aufenthalt in einem Alters- oder Pflegeheim gelten daher die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten. Anders ist es bei der normalen Pflegebedürftigkeit eines gesunden Kleinkindes. Hier fehlt es bereits am Merkmal der Außergewöhnlichkeit.
Die rein altersbedingten – nicht krankheitsbedingten – Mehraufwendungen älterer Menschen können auch durch die Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen berücksichtigt werden. Die Leistungen müssen nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden.
Soweit die Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch Pflege- und Betreuungsleistungen sowie entsprechende bei einer Heimunterbringung anfallende Kosten umfasst, ist der Abzug auf die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG beschränkt, d. h. auf den Betrag, der sich nach § 33 Abs. 3 EStG (wegen der zumutbaren Belastung) nicht auswirkt.
Abgrenzung zu § 35a EStG – ambulanter Pflegedienst
Für einen ambulanten Pflegedienst entstehen Kosten von 25.000 EUR, von denen die Pflegeversicherung 10.000 EUR trägt. Die verbleibenden 15.000 EUR sind nach Abzug der zumutbaren Belastung von z. B. 8.000 EUR mit 7.000 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehbar. In Höhe der zumutbaren Belastung (8.000 EUR) steht die Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen i. H. v. 20 %, begrenzt auf 4.000 EUR, somit 1.600 EUR zu.
1.2 Nachweis der Pflegebedürftigkeit
Die Finanzverwaltung erkennt bisher die Pflegeaufwendungen nur an, wenn die Pflegebedürftigkeit durch eine Bescheinigung des Versicherers bzw. eine Bescheinigung über die Einstufung in einen Pflegegrad (mindestens Pflegegrad 1) nachgewiesen wird, d. h. durch einen Ausweis nach dem Sozialgesetzbuch XI (Merkzeichen "H" – hilflos oder "Bl" – blind) oder durch einen Bescheid der Pflegekasse. Ab 2017 wurden die bisherigen 3 Pflegestufen durch 5 Pflegegrade ersetzt. Pflegegrad 2 entspricht der bisherigen Pflegestufe I. Die Pflegekassen lassen die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach den Pflegegraden durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfen und feststellen. Auch demenzbedingte Fähigkeitsstörungen, geistige Behinderungen und psychische Erkrankungen, bei denen der MDK Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens festgestellt hat, die dauerhaft zu einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz führen, werden anerkannt.
BFH verzichtet auf amtliche Nachweise
Nach Ansicht des BFH kann die Pflegebedürftigkeit – wie auch sonst bei Krankheitskosten – durch ein normales ärztliches Attest oder sonstige Darlegungen nachgewiesen werden. Auch muss das Attest nicht vor...