Die Übernahme der Krankheits- und/oder Pflegekosten eines Angehörigen sind als allgemeine außergewöhnliche Belastungen begünstigt, wenn die Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen zwangsläufig sind. Insoweit handelt es sich nicht um typische Unterhaltsleistungen, die mit dem Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a EStG abgegolten sind. Bei gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich Unterhaltsberechtigten (Eltern, Kinder) können diese Aufwendungen daher neben den nach § 33a EStG zu berücksichtigenden typischen Unterhaltsaufwendungen gem. § 33 EStG berücksichtigt werden, wobei allerdings die zumutbare Belastung gegenzurechnen ist. Zuwendungen, die nicht die eigentliche Pflege betreffen, sondern sich auf den allgemeinen Unterhalt beziehen, wie z. B. die Übernahme von Kleidungskosten oder von Taschengeld, sind bei gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung aber nur als allgemeine Unterstützungsleistungen nach § 33a EStG, nicht nach § 33 EStG zu berücksichtigen.
Unterhaltspflicht begründet Zwangsläufigkeit
Die Übernahme der Pflegekosten ist immer (aus rechtlichen Gründen) zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige der gepflegten Person gegenüber gesetzlich unterhaltspflichtig ist, z. B. gegenüber Kindern und Eltern. Den anderen Verwandten gegenüber kann eine Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen oder sittlichen Gründen bestehen. Allein das Bestehen eines nahen Verwandtschaftsverhältnisses reicht aber nicht aus.
Bei persönlicher Pflege besteht Zwangsläufigkeit der dadurch entstehenden Aufwendungen (z. B. Fahrtkosten) nur dann, wenn die Übernahme der Pflege zumutbar ist. Bei einem sehr persönlichen Charakter der für die Pflege erforderlichen Leistungen – man denke an schwere Pflegefälle – kann die persönliche Pflege unzumutbar sein. Ferner fehlt die Zumutbarkeit, wenn der Angehörige anderweitig soziale Dienste in Anspruch nehmen kann.
An der Zwangsläufigkeit kann es fehlen, wenn die unterstützte Person in der Lage ist, die Aufwendungen selbst zu tragen. Die Einkommensgrenzen für den Unterhaltshöchstbetrag gelten hier aber nicht. Unschädlich sind vielmehr Einkünfte und Bezüge i. H. d. entsprechenden Sozialhilfesätze. Übersteigen die Mittel des Unterstützten diese Grenze nicht, sind die vom Steuerpflichtigen getragenen Krankheits-/Pflegekosten in voller Höhe nach § 33 EStG zu berücksichtigen, d. h. die Einkünfte und Bezüge des zu Pflegenden werden zunächst auf dessen üblichen Lebensbedarf und erst danach auf die Pflegekosten angerechnet.
Grundsätzlich ist auch ein Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 EUR und ein "angemessenes" Hausgrundstück außer Betracht zu lassen.
Eine Zwangsläufigkeit liegt ferner immer dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige von dem Pflegebedürftigen für die Pflegetätigkeit entlohnt wird oder wenn ihm seine entstandenen Aufwendungen ersetzt werden, insbesondere durch das von den Jugendämtern oder von privater Seite gezahlte Pflegegeld, wenn die Ersatzleistung und der Aufwand auf demselben Ereignis beruhen. Nur soweit die Pflegeaufwendungen etwaige tatsächlich geleistete oder zu beanspruchende Entgelte übersteigen, kommt wegen Fehlens einer Gegenleistung eine außergewöhnliche Belastung in Betracht. Zu solchen Entgelten rechnen auch freie Kost und Unterbringung.
Zwangsläufigkeit ist auch nicht gegeben, wenn der Pflegebedürftige im Hinblick auf sein Alter oder eine etwaige Bedürftigkeit dem Steuerpflichtigen Vermögenswerte, z. B. ein Hausgrundstück, zugewandt hat, da der Steuerpflichtige durch die Übernahme des Vermögens die Bedürftigkeit des Pflegebedürftigen zumindest mitverursacht hat. Eine außergewöhnliche Belastung liegt dann erst insoweit vor, als die Aufwendungen den übertragenen Vermögenswert übersteigen. Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige eine vorherige Schenkung, z. B. wegen Verarmung oder groben Undanks, zurückfordern kann.
Keine Zwangsläufigkeit bei Vermögensübertragung im Rentenalter
Bei einer Vermögensübertragung in der Zeit des Erreichens des Rentenalters (65 Jahre) muss stets mit einer künftigen Pflegebedürftigkeit gerechnet werden. Die Zwangsläufigkeit der Pflegeaufwendungen ist dann regelmäßig ausgeschlossen, da Gesichtspunkte der späteren Versorgung für den Fall der Pflegebedürftigkeit nicht auszuschließen sind. Bei Vermögensübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und dabei vereinbarten aufschiebend bedingten Pflegeleistungen verneint die Verwaltung aber einen inneren Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit, da erbrechtliche Gesichtspunkte im Vordergrund stehen. In diesem Fall ist die Zwangsläufigkeit nicht infrage gestellt.
Besuchsfahrten zu kranken und pflegebedürftigen Angehörigen führen nur dann zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn die Besuche ausschließlich dazu dienen, die Krankheit oder das Leiden zu heilen oder zu lindern bzw. erträglicher zu machen. Das muss für Fahrten zum Ehegatten oder Kind vom Krankenhausarzt bescheinigt werden.