Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Photovoltaikanlagen sind ein zentraler Bestandteil der dezentralen Stromerzeugung durch regenerative Energien. Häufig werden solche Anlagen auch von Personen betrieben, die keine weitergehende unternehmerische Betätigung ausüben. Mit dem Einspeisen von Strom in das Netz wird aber eine selbstständige, nachhaltige und auf Einnahmeerzielungsabsicht ausgerichtete Tätigkeit ausgeübt, sodass die Betreiber Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG erlangen. Mit den üblichen dachgebundenen Photovoltaikanlagen wird aus der Einspeisung regelmäßig ein jährlicher Umsatz erzielt, der unter der Gesamtumsatzgrenze für Kleinunternehmer liegt. Da den Betreibern dieser Anlagen bis 31.12.2022 für die Lieferung und Installation der Anlage von den leistenden Unternehmern Umsatzsteuer berechnet wurde, ist regelmäßig auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet worden, um den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können.
Ab 2023 soll die Kleinunternehmerbesteuerung der Regelfall sein
Wird den Betreibern der Photovoltaikanlage ab 2023 für die Lieferung und Installation der Anlage aufgrund des neuen Nullsteuersatzes keine Umsatzsteuer mehr berechnet, besteht keine wirtschaftliche Notwendigkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung zu verzichten. In diesem Fall ergibt sich die vom Gesetzgeber gewünschte Verwaltungsvereinfachung.
Die Einführung des Nullsteuersatzes in § 12 Abs. 3 UStG führt nicht nur zur Anwendung eines Steuersatzes von 0 % bei den begünstigten Photovoltaikanlagen, es ergeben sich daraus eine Vielzahl von weiteren Konsequenzen, die wichtigsten Punkte können aus der folgenden Gegenüberstellung für Altanlagen und Neuanlagen entnommen werden.
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Altanlage |
Neuanlage |
Lieferung (Abnahme) |
bis 31.12.2022 |
ab dem 1.1.2023 |
Umsatzsteuersatz für Lieferung/Installation |
§ 12 Abs. 1 UStG: 19 % |
§ 12 Abs. 3 UStG: 0 % |
Verzicht auf Kleinunternehmerbesteuerung sinnvoll? |
Ja, obwohl regelmäßig die Umsatzgrenze von 22.000 EUR nicht überschritten wurde. |
Nein, regelmäßig ist aus Verwaltungsvereinfachungsgründen die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung sinnvoll. |
Vorsteuerabzug aus Anschaffung |
Ja, soweit auf die Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet wurde. |
Nein, wenn die Kleinunternehmerbesteuerung angewendet wird. |
Umsatzsteuer für Stromeinspeisung |
Ja, die Stromeinspeisung führt zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen, wenn die Regelbesteuerung angewendet wird – für die Stromlieferung werden 19 % Umsatzsteuer geschuldet. |
Nein, eine Umsatzsteuer wird nicht erhoben, wenn die Kleinunternehmerbesteuerung angewendet wird. |
Umsatzsteuer für (dezentralen) Eigenverbrauch |
Ja, die unentgeltliche Nutzung des Stroms gilt als Lieferung gegen Entgelt (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG), es muss 19 % Umsatzsteuer auf die Wiederbeschaffungskosten des Stroms entrichtet werden. |
Nein, da keine Vorsteuer aus der Anschaffung der Anlage angefallen war, ergibt sich keine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). |
Vorsteuerabzug aus Reinigungs-, Verwaltungs- und Wartungskosten |
Ja, soweit auf die Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet wurde. |
Nein, wenn die Kleinunternehmerbesteuerung angewendet wird. |
Erfasst werden von der Anwendung des Nullsteuersatzes ab dem 1.1.2023 die folgenden Leistungen nach § 12 Abs. 3 UStG:
- Die Lieferung der Solarmodule einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage notwendigen Komponenten sowie von Speichern, die den erzeugten Strom speichern können, an den Betreiber der Photovoltaikanlage, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
- Der innergemeinschaftliche Erwerb der begünstigten Gegenstände.
- Die Einfuhr der begünstigten Teile.
- Die Installation der Anlagen und Speicher für die begünstigten Anlagen.
Nullsteuersatz nur auf letzter Leistungsstufe
Die Absenkung des Steuersatzes auf 0 % gilt nur für die Leistungen gegenüber dem Betreiber der Photovoltaikanlage. Die Lieferungen der Hersteller, Großhändler oder Einzelhändler an Personen, die nicht Betreiber der Photovoltaikanlage sind, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz.
Weitere Voraussetzung ist, dass ein Zusammenhang mit der Privatwohnung, Wohnungen oder öffentlichen bzw. dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden besteht. Allerdings gelten diese Voraussetzungen (fiktiv) als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem Marktstammdatenregister beträgt.
Unterschiedliche Probleme bei Altanlagen
Photovoltaikanlagen, die bis Ende 2022 geliefert (abgenommen) wurden, werden umsatzsteuerrechtlich je nach Zeitpunkt der Inbetriebnahme unterschiedlich behandelt. Diese Unterschiede gelten für die Altanlagen auch über das Jahr 2022 hinaus weiter.