Dipl.-Kfm. Michael Kappes, Dr. Peter Schentler
Nur mäßige Zufriedenheit mit der Unternehmenssteuerung
Schon seit einigen Jahrzehnten hat sich in den Unternehmen die Erkenntnis durchgesetzt, dass man zur Unternehmenssteuerung "Zahlen" und damit auch ein Controlling benötigt. Allerdings ist die Zufriedenheit mit den zur Verfügung gestellten Steuerungsgrößen und den zugehörigen Analysen und Kommentierungen häufig eher begrenzt. Dies lässt sich beispielsweise an der Diskussion um die Rolle des Controllings erkennen. So zeigen Befragungen, dass die vom Controlling angestrebte Positionierung als Business Partner bzw. betriebswirtschaftlicher Berater des Managements bisher nur zum Teil verwirklicht wurde. Als Lösung werden dabei in erster Linie "organisationale Gestaltungsmaßnahmen im Sinne eines Change Managements" empfohlen. Aus unserer Sicht ist der ausschließliche Fokus auf andere "Anforderungsprofile" aber nicht ausreichend. Um die Anforderungen des Managements besser zu erfüllen, muss auch und insbesondere an den Inhalten des Steuerungsinstrumentariums gearbeitet werden.
Die "richtigen" Steuerungsgrößen aus Sicht des Managements
Das Management erwartet, dass im Rahmen der Steuerungsprozesse, also Planung, Forecasting und Reporting, die "richtigen" Kennzahlen verwendet werden.
- "Richtig" bezieht sich dabei einerseits auf die Qualität: Es sollen die Größen betrachtet werden, die die wesentlichen Effekte ("80 %") auf das Ergebnis abdecken. Diese Größen müssen zudem allgemein verständlich sein.
- Andererseits geht es um eine adäquate Quantität: Es sollen weder zu wenige, aussagelose Größen noch zu viele, verwirrende Größen betrachtet werden.
- Weiterhin sollen diese "richtigen" Größen in einem Modell zusammengeführt werden statt eine reine Kennzahlensammlung zu bilden.
Ein Modell hilft dabei, das zu steuernde "Objekt" (also das Unternehmen oder einzelne Einheiten bzw. Funktionen) zu verstehen, indem es wesentliche Elemente abbildet. Gelingt es nicht, die wesentlichen Größen eines Geschäftsmodells in einem Kennzahlenmodell (oder auch "Treibermodell") abzubilden, so kann davon ausgegangen werden, dass das Geschäftsverständnis der Beteiligten unzureichend ist. Andersherum sorgen die Modellbildung und die Auseinandersetzung mit den Größen und Zusammenhängen des Geschäftsmodells für eine Zunahme des Geschäftsverständnisses. Im Gegensatz zu einer Kennzahlensammlung helfen Modelle zudem, verschiedene Entwicklungen zu simulieren und unterstützen so die Forderung nach mehrdimensionalen Betrachtungen.
Typische Praxisansätze sind unzureichend
In der Praxis finden sich zur Steuerung typischerweise zwei verschiedene Ansätze, die beide den Managementanforderungen – wenn auch auf gegensätzliche Weise – nur eingeschränkt gerecht werden (vgl. Abb. 1):
- Ansatz 1: Für die Steuerungsprozesse werden im Wesentlichen die Größen der Finanzbuchhaltung, also GuV und Bilanz, herangezogen. Dieser Ansatz findet sich insbesondere bei angelsächsischen Unternehmen und auf der Holding-Ebene von Konzernen. Auf der Basis von GuV und Bilanz sind häufig nur recht triviale Abweichungserklärungen möglich ("5 % mehr Umsatz"). Um dieser Wirkung entgegenzutreten, werden vielfach finanzielle Ursachen und Finanztermini ("Rückstellungen", "Abgrenzungen") in den Vordergrund gestellt, die wiederum vom Management nur ansatzweise nachvollzogen werden können.
- Ansatz 2: Die operative Steuerung bedient sich einer hohen Detaillierung. Die Größen der Kostenrechnung (Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträger) werden nicht nur im Ist berichtet, sondern auch detailliert geplant und prognostiziert. Damit kann jede Abweichung dadurch erklärt werden, dass die dahinter liegenden Abweichungen "eine Ebene tiefer" herangezogen werden. Demgegenüber stehen allerdings ein hoher Aufwand (insbesondere für die notwendige Detailplanung und -prognose) und Scheingenauigkeit, denn eine zahlenmäßige Abweichungserklärung muss nicht inhaltlich fundiert sein. Dazu kommt, dass in solchen Konstellationen teilweise große, übergreifende Entwicklungen übersehen werden.
Abb. 1: Unzureichende Ansätze in der Praxis
Die KPI-Studie von Horváth & Partners bestätigt diesen Eindruck: Die Kennzahlensteuerung ist nicht fokussiert – es werden oft zu viele KPIs eingesetzt. Weiterhin werden fehlende Zusammenhänge und fehlende Individualität beklagt.