Dipl.-Kfm. Michael Kappes, Dominik Klehr
Die Neugestaltung der Planungs- und Forecast-Prozesse entlang der geschilderten Stoßrichtungen geschieht nicht kurzfristig, sondern erfordert Zeit und Ressourcen. Aus unserer Erfahrung ist die wichtigste Basis für eine erfolgreiche Umsetzung ein konkretes Zielbild, welches die Charakteristika der zukünftigen Planungs- und Forecast-Prozesse einschließlich der zugehörigen IT-Unterstützung anschaulich beschreibt. Während die Umsetzung heute typischerweise einer agilen Methodik wie z. B. Scrum folgt, dient das Zielbild als "Fundament" oder "North Star" für den Prozess der Neugestaltung. Wie lange dieser Prozess dauert, hängt einerseits von der Ausgangssituation ab und stellt andererseits eine Entscheidung des Unternehmens dar. So kann für eine nachhaltige Umsetzung und Verankerung durchaus bewusst ein langsameres Vorgehen gewählt werden.
Eine integrierte und funktionsübergreifende Forecast- und Planungslandschaft, die Automatisierung und umfassende Simulationsmöglichkeiten beinhaltet, bedarf einer integrierten Planungs- und Steuerungsplattform. Plattform deutet an, dass hier nicht zwingend nur ein Tool bzw. eine Technologie eingesetzt wird, sondern auch mehrere Tools kombiniert werden können. Diese müssen aber datenmodellseitig vollständig integrierbar sein. Es gibt verschiedene Software-Hersteller, die solche Plattformen anbieten (z. B. SAP, IBM, Board, Jedox, Anaplan). Wichtige Kriterien für die Auswahl sind hier nicht zuletzt die Performance (essenziell für komplexere Modelle) und die Lizenzkosten (insbesondere bei einer hohen Anzahl an Benutzern auf der Plattform).
Neben der passenden IT-Unterstützung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor Change Management. Auch wenn es für Außenstehende oft schwer verständlich ist, führen Veränderungen bei Planung und Forecasting regelmäßig zu Widerständen in den Unternehmen. Change Management hilft dabei, die Akzeptanz für Veränderungen zu erhöhen, indem es die Mitarbeiter über die Notwendigkeit, Ziele und Vorteile informiert. Dabei umfasst Change Management nicht nur Kommunikationsmaßnahmen, sondern eine Vielzahl von Aktivitäten (u. a. Stakeholder-Analysen, Change-Agenten, Schulungen und vieles mehr). Durch diese Aktivitäten wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Mitarbeiter die Veränderungen unterstützen und aktiv daran teilnehmen.
Teil des Change Managements kann auch eine Veränderung der Incentivierung sein. Bildet die "Budgeteinhaltung" die wesentliche oder gar einzige Basis für eine variable Vergütung, so kann dies kontraproduktiv sein und zu dysfunktionalen Effekten führen. Eine umfassende Thematisierung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, aber typische Weiterentwicklungen von Anreizsystemen gehen in Richtung einer stärker umfassenden Berücksichtigung von Leistungen (z. B. Kombination von operativen und strategischen Beiträgen aber auch Berücksichtigung von jährlichen und mittelfristigen Zielen) sowie einer stärker kollektiven Leistungsbeurteilung ("Teamziele").
Erst durch die Kombination von passender Methodik, IT-Unterstützung und Change-Begleitung gelingt eine umfassende Neugestaltung von Planung und Forecasting (vgl. Abbildung 8).
Abb. 8: Drei notwendige Bestandteile einer Neugestaltung von Planung und Forecasting
In der heutigen Zeit mit permanenten Veränderungen und hoher Dynamik ein Unternehmen mit traditionellen, oft Jahrzehnte alten Planungs- und Forecast-Prozessen steuern zu wollen, ist ein Anachronismus, der Unternehmen Wettbewerbsfähigkeit kostet. Unternehmen können es sich immer weniger erlauben, ihre Steuerung und Entscheidungen auf langsamen Prozessen mit unvollständigen und ggf. sogar verfälschten Informationen zu stützen. Der Druck seitens der Geschäftsführung, aber auch seitens des Wettbewerbs, die Planungs- und Forecast-Prozesse zu modernisieren, wird daher weiter zunehmen.
Die Neugestaltung kann einen längeren Zeitraum beanspruchen und dabei ist insbesondere die Integration von Prozessen und Daten oft aufwendig und zeitintensiv. Diese Aussicht sollte jedoch kein Unternehmen davon abhalten, mit der Neugestaltung zu beginnen. Im Idealfall ist das Controlling als Prozessverantwortlicher für Planung und Forecasting der Treiber dieses Re-designs. Mit der Veränderung kann das Controlling sich gleichzeitig stärker als ein Business Partner positionieren – mit mehr Geschäftsorientierung und besserer Reaktionsfähigkeit!