Sascha Brosig, Dr. Andreas Pöschl
Traditionelle Geschäftsmodelle der Versicherungsbranche verändern sich
Rasante Veränderungen in der mobilen Welt, der Trend zur stärkeren Vernetzung von Produkten und Dienstleistungen sowie ein sich verändertes Konsumentenverhalten wirken sich insbesondere auf die traditionellen Geschäftsmodelle von Autoversicherern aus. Zudem verändert sich die Schnittstelle zum Kunden, traditionelle Absatzwege verlieren an Bedeutung und werden durch neue Vertriebsstrukturen ersetzt. Autonomes Fahren ist eines der am häufigsten benutzten Schlagwörter bei Schaden- und Unfallversicherer, die das Potenzial haben, das gesamte Geschäftsmodell mit den bestehenden Zusammenhängen von Prämien, Schadenzahlungen und Provisionen zu verändern.
2.2.1 Beispiele für neue Geschäftsmodelle
Telematik-Tarife erweitern Geschäftsmodelle…
Führende Autoversicherer setzen auf neue Geschäftszweige, um auf diese Herausforderungen zu reagieren. Diese Geschäftsmodelle weisen andere Strukturen auf als das bisherige Versicherungsgeschäft und bedürfen daher einer entsprechenden Modellierung in der Planung: Telematik-Tarife mit Übermittlung der Fahrerdaten mittels Boxen dienen den Versicherern dazu, Daten über das Fahrverhalten zu sammeln, um die Risikoeinschätzung von Telematik-Fahrern zu verbessern. Die Kontrolle des Fahrverhaltens durch den Versicherer kann zu einer deutlichen Reduzierung der Prämien führen.
…ebenso Werkstattbindung und -geschäft
Ein weiteres Geschäftsmodell erweitert das Versicherungsgeschäft analog zu Automobilherstellern. Nachdem Autoversicherer Werkstattbindungstarife mit Partnerwerkstätten erfolgreich im Markt etabliert haben, stiegen diese nun direkt in das Werkstattgeschäft von Autoherstellern ein. Autofahrer nutzen nicht mehr nur das Schadenmanagement von Partnerwerkstätten, um Prämien zu sparen, sondern nehmen auch günstigere Services und Dienstleistungen in Anspruch, wodurch herstellerunabhängige Werkstätten zu Lasten von markenabhängigen Werkstätten profitieren.
2.2.2 Abbildung neuer Geschäftsmodelle in Businessplänen
Die Einführung und der Aufbau von neuen Geschäftsmodellen innerhalb des Versicherungskonzerns mithilfe einer Gründung einer Nicht-Versicherungsgesellschaft bedürfen der Ausarbeitung eines Business Cases. Der Business Case stellt die Basis für die Investitionsmöglichkeit dar und dient auch der Planung der finanziellen Auswirkungen der Geschäftsfelderweiterungen. Der Aufbau von neuen Geschäftsmodellen ist naturgemäß mit großer Unsicherheit behaftet, die sich verstärkt in der Planung dieser Geschäftsmodelle niederschlägt. Entsprechend ist auch der Business Case häufig Anpassungen unterworfen und sollte flexibel gestaltet werden. Technisch gesehen wird dies in der Praxis durch Excel-unterstütze Modellrechnung umgesetzt. Diese Modellrechnungen werden dann auch für Planungszwecke herangezogen.
Fehlende Integration neuer Gesellschaften verhindert Automatisierung
Im Beispielfall lag eine ähnliche Ausgangslage vor. Zahlreiche neue Gesellschaften wurden in den letzten Jahren gegründet, um neue Geschäftsmodelle zu etablieren. Die Geschäftsmodelle wurden in Business Cases abgebildet, die dann auch für die unterschiedlichen Planungszwecke herangezogen wurden. Die Planungslogik der vollständigen Erfolgsrechnung in den Business Cases war sehr detailliert und komplex aufgebaut. Zur unterjährigen Steuerung wurde die Planungslogik und die veränderten Bedingungen angepasst und mit den jeweils aktuellsten Zahlen befüllt. Das Ergebnis der Gesellschaften wurde anschließend manuell in die bestehende Planungssoftware IBM Cognos TM1 eingearbeitet, sodass die Gesellschaften in die Konsolidierung des Konzerns miteinbezogen werden konnten.
2.2.3 Probleme und Verbesserungsansätze
Diese Vorgehensweise war aufgrund der detaillierten und komplexen Geschäftsmodelle mit großem manuellen Aufwand verbunden . Andererseits diente die Flexibilität der Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen, die der kurzfristigen Steuerung der Geschäftsmodelle diente, aber für eine Mittelfristplanung im Konzern in keinem Verhältnis zum Nutzen standen. Daher wurde nach Lösungen gesucht, für die Mittelfrist eine automatisierte Planung der neuen Gesellschaften direkt in der Planungssoftware zu integrieren.
Integration diverser Geschäftsmodelle in treiberbasierter Planung
Die in TM1 integrierte Lösung basierte auf den wesentlichen Treibern des jeweiligen Gesellschaftsmodells, die für Prognose und Budgetierung in TM1 automatisch eingespielt und somit für die Mittelfrist zur Verfügung gestellt wurden. Auf dieser Basis wurden dann mittels einer Logik zur Hochrechnung Vorschlagswerte für den kompletten Mittelfristzeitraum erzeugt. Manuelle Anpassungen der Treiber waren dann im Rahmen der Diskussion der Vorschlagwerte mit den Verantwortlichen möglich. Durch die Lösung wurde eine Struktur in TM1 angelegt, die für ganz unterschiedliche, zukünftige Geschäftsmodelle, die Möglichkeit bietet auf Basis weniger Treiber eine komplette Erfolgsrechnung und Bilanz aufzubauen. Diese Lösung bedarf eines höheren Aufwands bei der initialen Implementierung, spart jedoch Ressourcen bei dem jährlichen Planungsaufwand und bei der Integration vo...