Leitsatz
Soll bei der Feststellung des Grundbesitzwerts für die Erbschaftsteuer ein geringerer gemeiner Wert zum Ansatz kommen, erfordert dies ein schlüssiges und plausibles Gutachten eines Sachverständigen.
Sachverhalt
Strittig ist, ob ein für die Bedarfsbewertung beigebrachtes Verkehrswertgutachten zu berücksichtigen ist. Dem vorausgegangen war die Vererbung eines Miteigentumsanteils an einem Hausgrundstück. Das Finanzamt ermittelte hierfür nach der standardisierten Methode (§§ 176 - 197 BewG) einen Grundbesitzwert von 4.867.500 EUR. Der Erbe hat zwei Gutachten erstellen lassen, welche einen niedrigeren Verkehrswert von 1.850.000 EUR bzw. von 1.900.000 EUR auswiesen. Das Finanzamt zweifelte an der Richtigkeit dieser Gutachten und ließ diese unberücksichtigt. Der Erbe hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben.
Entscheidung
Auch das Finanzgericht teilt die Bedenken gegen die Verkehrswertgutachten und hat die Klage abgewiesen. Es führt aus, dass ein geringerer gemeiner Wert nach § 198 BewG zwar durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung nachgewiesen werden kann. Solch ein Gutachten muss jedoch aus sich heraus ohne weitere Sachverständige auf seine Schlüssigkeit (Plausibilität) hin überprüfbar sein.
Nach der freien Beweiswürdigung des Gerichts müssen Abschläge, Einordnungen in Wertspannen und Beträge objektivierbar und grundstücksbezogen begründet sein, dem Grunde und auch der Höhe nach. Kleinere Lücken und Unzulänglichkeiten können vom Finanzamt bzw. vom Finanzgericht geschlossen bzw. punktuell gestrichen werden.
Zudem ist für ein Gutachten für einen vor dem 1.7.2010 liegenden Bewertungszeitpunkt bereits die ImmoWertV und nicht mehr die WertV anzuwenden, wenn das Gutachten nach dem 30.6.2010 erstellt wird; der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung ist maßgebend.
Bemängelt wurde ferner die unpräzise Zuordnung bei den Bodenwerten. Diese können in Einkaufsstraßen einer Innenstadt extrem lageabhängig sein und sind daher räumlich eng (zonal) heranzuziehen. Auch war die Herleitung des Liegenschaftszinssatzes unplausibel.
Hinweis
Die Revision wurde vom Finanzgericht zugelassen, obwohl eine Plausibilitätsprüfung in aller Regel eine tatsächliche Frage ist. Jedoch können sich dabei auch grundsätzliche methodische Fragen stellen und insoweit wäre eine höchstrichterliche Entscheidung wünschenswert.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.11.2017, 3 K 3208/14