Prof. Dr. Rudolf Schrank, Dr. Thorsten Giesa
Unternehmen mit geringer Anzahl an Abnehmern (Key Account Management) können gezielt einzelne Kunden anhand von Scoring-Modellen bewerten und analysieren. Dabei stellt jeder Kunde eine eigene Blase dar, deren Größe durch den Istumsatz des Kunden definiert ist.
Vorgehen bei deutlichen Größenunterschieden
Falls zwischen den Umsätzen ausgeprägte Größenunterschiede bestehen, kann es durchaus Sinn machen, den Umsatz zunächst in Spannen aufzuteilen und dann in einen Punktwert umzurechnen. Dieser Punktwert bestimmt dann die Größe der Blase. Dadurch wird verhindert, dass ein oder zwei Kunden durch die schiere Blasengröße das komplette Portfolio dominieren und alle anderen Kunden überdecken.
Aus der Positionierung im Portfolio können nun Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Abbildung 6 stellt ein solches Kundenportfolio schematisch dar.
Abb. 6: Konzept des Kundenportfolios
# |
Kundenattraktivität |
Erklärung |
1 |
Umsatz/DB |
Istumsatz bzw. DB des Kunden, entweder des letzten Geschäftsjahres oder aggregiert über die letzten Jahre |
2 |
∅ Umsatz pro Bestellung |
Kleine Bestellmengen führen zu relativ hohen Zusatzkosten pro Bestellung und sind dadurch i. d. R. nicht von Vorteil |
3 |
Potenzial des Kunden |
Potenzial des Kunden entweder monetär (Umsatz/DB) bewertet oder durch die Anzahl eingesetzter Produkte |
4 |
Potenzielles Bedarfswachstum |
Durchschnittliches erwartetes Wachstum z. B. über die nächsten 5 Jahre |
5 |
Preisdurchsetzbarkeit |
Durchschnittliche Durchsetzung von Nettopreisen im Vergleich zum Bruttolistenpreis |
6 |
Bonität/Zahlungsverhalten |
Durchschnittliche Dauer von Rechnungsstellung bis Zahlungseingang oder Bonitäts-Rating |
7 |
Loyalität |
Erfasst z. B. im Rahmen von Kundenzufriedenheitsstudien |
8 |
Customer Lifetime Value |
Berechneter Wert des Kunden bspw. in Form eines Kapitalwerts über seinen kompletten Lebenszyklus |
Tab. 9: Mögliche Kriterien der Kundenattraktivität
# |
Eigene Positionierung |
Erklärung |
1 |
Umsatz/DB |
Istumsatz bzw. DB des Kunden, entweder des letzten Geschäftsjahres oder aggregiert über die letzten Jahre |
2 |
Lieferanteil beim Kunden (Kundendurchdringung) |
Share of Wallet: Welchen Anteil habe ich an den beim Kunden eingesetzten Produkten? |
3 |
Dauer der Kundenbeziehung |
Als Indikator für die Intensität der Beziehung |
4 |
Auftragskontinuität |
Als Indikator für die Intensität der Beziehung |
5 |
Kundenzufriedenheit |
Erfasst z. B. im Rahmen von Kundenzufriedenheitsstudien |
6 |
Image beim Kunden |
Erfasst z. B. im Rahmen von Kundenzufriedenheitsstudien |
Tab. 10: Mögliche Kriterien der eigenen Positionierung
Kriterien zur Operationalisierung der Dimensionen
Hinsichtlich der Kriterien zur Bestimmung der Kundenattraktivität gibt es eine Vielzahl an Optionen. Angefangen vom bestehenden Istumsatz bis zur komplexen Berechnung des Customer Lifetime Value ist alles möglich. Wie am Beispiel der GE-Matrix bereits aufgezeigt wurde, macht es wiederum Sinn, zunächst definierte Spannen für die Kriterien vorzugeben, um daraus einen konkreten Punktwert zwischen 1 und 5 abzuleiten. Potenzialorientierte Kriterien sind für die Kundenattraktivität dabei aussagekräftiger als Merkmale, welche auf Istdaten basieren (wie Umsatz oder DB). Diese können eher für die Bewertung der eigenen Positionierung herangezogen werden. Mögliche Kriterien für die Dimension Kundenattraktivität sind in Tab. 9 gelistet. Ansätze zur Bewertung der eigenen Positionierung werden in Tab. 10 aufgeführt.