Als abschließendes Beispiel ein Anwendungsfall für Predictive Analytics (sogar PdM!) aus der Medizin.

In Deutschland kommen jährlich ca. 763.000 Babys auf die Welt. 9,2 % davon sind Frühgeborene. In den skandinavischen Ländern liegt diese Rate bei 5 %. Wir haben demnach in Deutschland über 70.000 Frühgeborene pro Jahr. Diese kleinen Kinder benötigen viel mehr Pflegeaufwand von Eltern und von der Medizin, bis sie sich dann normal entwickeln können. Im Unterschied zu einem gesunden Baby, das die Geburtsklinik etwa 750 EUR kostet, werden durchschnittlich 15.000 EUR in der Klinik benötigt, bis der kleine Erdenbürger in die Obhut seiner Eltern übergeben werden kann. Frühgeborene belasten unser Gesundheitssystem also mit ca. 1 Mrd. EUR pro Jahr.

Es gibt dabei eine gute Nachricht: Durch gesunde Lebensweise, gesundes Essen und geeignete Vorsorgemaßnahmen während der Schwangerschaft lässt sich das Risiko und der Prozentsatz an Frühgeborenen um ca. 20 % senken. Das haben Forscher von FBE nach Auswertung von Fragebögen von 60.000 Schwangeren und der Beobachtung von mehr als 20.000 vollständigen Schwangerschaftsverläufen zusammen mit Fachärzten ermittelt. Man könnte also 20 % und damit ca. 200 Mio. EUR pro Jahr einsparen, die man für die Präventionen einsetzen könnte.

Machine Learning mit Entscheidungsbäumen

Wir haben für FBE ermittelt, welche Kombinationen von über 500 Faktoren für das Risiko einer Frühgeburt relevant sind. Es wurde dafür eine Machine Learning App programmiert, bei der man beim Durchlaufen eines Entscheidungsbaums meist bereits nach wenigen Fragen weiß, ob und wie hoch das Risiko einer Frühgeburt ist und durch welche Faktoren es befördert oder verringert wird.

Entscheidungsbaum-Algorithmen lernen beispielsweise, welche der Fragen die Zielvariable – in unserem Fall ist das "Frühgeburt Ja / Nein" am besten vorhersagen. Entscheidungsbaum-Algorithmen geben weiterhin Auskunft, welche Werte der Variablen zu dem Ereignis führen werden. Die Methode funktioniert sehr gut und ist für einen automatisierten Einsatz in einer App ideal geeignet. Letztendlich ist auch das ein Predictive Maintenance Ansatz.

Nun die schlechtere Nachricht: Es gibt in unserem Gesundheitssystem heute leider keine Abrechnungsziffer, die Frauenärzte für eine zeitaufwändige Befragung zur Lebensweise mit anschließender individueller Beratung der Schwangeren für eine Frühgeborenen-Prävention benutzen können. Daher findet diese Prävention auch nicht statt.

Universeller Einsatz von Machine Learning

Deshalb hatten FBE und wir die Idee, in den Wartezimmern von Frauenärzten und von großen Frauenkliniken Tablets mit einer App auszulegen, in der das Risiko der werdenden Muttis durch gezielte Beantwortung von Fragen ermittelt wird. Der Arzt – und nicht die Schwangere – sieht auf einen Blick das Ergebnis und kann so, digital unterstützt, sein Fachwissen an die Schwangere in psychologisch geeigneter Form und mit einem individuellen "Therapieplan" für die restliche Schwangerschaft übermitteln.[1] Maschine Learning Verfahren sind in Produktion und Wirtschaft gleichermaßen gut einsetzbar. Man benötigt lediglich mögliche Einflussdaten auf Ereignisse – und ausreichend viele Daten zu Ereignissen.

Data Scientists sind mit Fachleuten zusammen meist gut in der Lage, die für eine PdM-Problemstellung geeigneten Verfahren und Algorithmen auszuwählen, um daraus dann eine maßgeschneiderte Lösung für das Unternehmen zu entwickeln.

[1] Vgl. https://www.baby-care.de/index.html, Abrufdatum 30.4.2018.

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