Unverzinsliche (betriebliche) Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbstständigen gewährt, waren nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist.[1]

Im Rahmen der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestanden ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Zinssatzes von 5,5 % für die Abzinsung von Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. In einer anhaltenden Niedrigzinsphase hat dieser typisierende Zinssatz den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren.[2]

Lt. Finanzverwaltung im Jahr 2019 sind Verbindlichkeiten aus Kredittranchen der Europäischen Zentralbank, sog. Weiterleitungsdarlehen der Förderbanken und Kundeneinlagen bei Banken mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten auch dann nicht abzuzinsen, wenn der Verzinsungssatz 0 % oder weniger beträgt.[3]

Lt. des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes ist die Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit 5,5 % für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, abgeschafft worden. Unverzinsliche Verbindlichkeiten sind nunmehr gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG entsprechend anzusetzen, d. h. grundsätzlich mit dem Nennwert.[4]

Für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2023 enden und für die noch keine bestandskräftigen Steuerbescheide vorliegen, können bereits vorgenommene Abzinsungen durch formlosen Antrag rückgängig gemacht werden.

[2] FG Hamburg, Beschluss v. 31.1.2019, 2 V 112/18, rkr.; s. aber FG Münster, Beschluss v. 5.5.2021, 13 V 505/21, Beschwerde eingelegt, Az. beim BFH XI B 44/21 (AdV) für das Jahr 2013; FG Münster, Urteil v. 18.1.2022, 2 K 700/18 G F: Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes für unverzinsliche Verbindlichkeiten für 2013; das Verfahren vor dem BFH mit dem Az. IV R 4/22 wurde mit Beschluss v. 6.12.2022 in der Hauptsache erledigt.
[4] Viertes Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022, BGBl 2022 I S. 911; LfSt Sachsen v. 22.6.2022, 211-S 2175/15/1-2022/36534.

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