Leitsatz
Verzieht ein Arbeitnehmer im Verlauf eines Kalenderjahres vom Ausland ins Inland, so sind seine in diesem Kalenderjahr vor dem Zuzug erzielten Einkünfte im Weg des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen (Bestätigung der Senatsurteile vom 19.12.2001, I R 63/00, BFH-PR 2002, 179, BStBl II 2003, 302, und vom 15.5.2002, I R 40/01, BFH-PR 2002, 408, BStBl II 2002, 660).
Normenkette
§ 32b Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG 1996 , § 32b Abs. 2 EStG 1996
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute. Sie wohnten im Streitjahr 1996 vom 1.1. bis zum 31.10. ausschließlich in Ungarn und hatten in dieser Zeit in Deutschland keine Einkünfte. Am 1.11.1996 zogen sie nach Deutschland. In Ungarn erzielten sie in dem Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.10.1996 Einkünfte in Höhe von 38.550 DM. Der Kläger erzielte in Deutschland im Zeitraum 1.11. bis 31.12.1996 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 78.658 DM; die Klägerin hatte keine Einkünfte.
Die Kläger wurden für 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei bezog das FA die ausländischen Einkünfte nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1996 zur Bestimmung des Steuersatzes ein.
Das FG wies die dagegen gerichtete Klage – dem Senatsurteil vom 19.12.2001, I R 63/00 (BFH-PR 2003, 179, BStBl II 2003, 302) zwar im Ergebnis, in der Begründung allerdings nur eingeschränkt folgend – als unbegründet ab (EFG 2003, 857).
Entscheidung
Der BFH setzte sich mit den kritischen Einwendungen gegen seine Rechtsprechung auseinander, bestätigte diese Rechtsprechung aber im Ergebnis und damit auch die Rechtsauffassung des FA im Streitfall.
Hinweis
Im Leitsatz des jüngsten BFH-Urteils zur Einbeziehung im Ausland erzielter Einkünfte in den Progressionsvorbehalt sind zwei Urteile zitiert, über die Sie als BFH-PR-Leser bereits ausführlich ins Bild gesetzt worden sind: in BFH-PR 2002, 179 und 408.
Danach können auch Einkünfte, die weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig sind, im Inland beim Wegzug in das Ausland in dem betreffenden Kalenderjahr noch berücksichtigt werden. Der BFH stellte klar, dass die hiernach gebotene Einbeziehung gem. § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG keinen Einschränkungen ausgesetzt ist, insbesondere nicht solchen aus Abkommensrecht.
Daran ist massive Kritik geübt worden, von Praktikern (Sabatschus, IStR 2002, 623; Achter IStR 2003, 203; Puls, DStZ 2003, 755) ebenso wie von (berühmten) Wissenschaftlern (Vogel, IStR 2003, 419). Die nunmehrige Entscheidung setzt sich mit dieser Kritik auseinander, gelangt indes zum selben Ergebnis wie schon zuvor, dem die Finanzverwaltung wohl folgen wird. Einzelheiten der Begründung und des – nach allem und für die Rechtsanwendung eher theoretischen – Streits sollen an dieser Stelle deswegen ausgespart bleiben. Es genügt der Hinweis auf die angesprochenen Fundstellen in BFH-PR.
Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterschied sich von jenen, über die bereits entschieden war, nur insofern, als es nicht um einen Wegzug aus dem Inland, sondern um einen Zuzug in dasselbe ging. In der Sache ändert das naturgemäß nichts.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.11.2003, I R 19/03