Nicole Fischer, Manuela Lauer
Das Vorgehensmodell von Horváth bei einer Process Mining Implementierung umfasst fünf Phasen, die im Wesentlichen auf iterativer Basis durchgeführt werden. Das Vorgehen stellt sicher, dass die Lösung zur definierten Zielsetzung passt und den gewünschten Steuerungsanforderungen genügt. Anzumerken ist, dass dieses Vorgehensmodell je nach unternehmensspezifischen Anforderungen Spielraum für individuelle Anpassungen lässt und an die gegebenen Umstände adaptiert wird. Die fünf Phasen der Implementierung sind in Abb. 2 dargestellt.
Abb. 2: Horváth Vorgehensmodell
4.1 Zieldefinition und Anforderungsanalyse
Der initiale Kick-off-Workshop dient dazu, die Möglichkeiten von prozessbezogenem Datenmanagement aufzuzeigen, eine Vision für den konkreten Einsatz beim Kunden zu entwickeln und die Anforderungen an das Tool zu beschreiben. Das Zielbild und die Anforderungen werden in Phase 1 definiert. Hierbei werden die fachlichen Ziele und der Betrachtungsumfang für das prozessbezogene Datenmanagement festgelegt.
Die zu steuernden Prozesse werden ausgewählt und der erwartete Nutzen formuliert und abgestimmt. Wichtig zu beachten ist, dass es sich nicht um eine reine Software-Implementierung und damit ein IT-Projekt handelt, sondern der Fachbereich die Anforderungen definiert und auch maßgeblich an der Konzeption der Steuerungsprozesse und -inhalte mitwirkt.
4.2 Implementierung des IT-Setups
Die zweite Phase beinhaltet das IT-Setup und die Implementierung. Auf Basis der fachlichen Spezifikation werden die notwendigen Datenquellen, Tabellen und Felder identifiziert und die Datenverbindung des Process Mining Tools zur Systemumgebung eingerichtet. Bei einer Vielzahl der Tools gibt es Standard-Konnektoren zur Anbindung von Datenquellen, so dass der Aufwand für die Implementierung sich im Rahmen hält.
Es wird ein initialer Datenimport sowie Verbindungstests durchgeführt und geprüft, ob die extrahierten Daten den erwarteten Ansprüchen entsprechen. Parallel dazu werden die Referenzprozesse eingegeben, die Prozess Key Performance Kennzahlen definiert und die Dashboards zur Steuerung designt und erstellt. Sofern erforderlich können die im Standard vorhandenen Kennzahlen und Dashboards auf die individuellen Bedürfnisse der Unternehmen angepasst werden. Es folgen mehrere Testläufe und eine erste Bereinigung der Daten.
4.3 Organisatorische Implementierung
Nachfolgend steht in Phase 3 der Fokus auf der organisatorischen Implementierung. Die Rollen und Verantwortlichkeiten werden definiert und entsprechende Ressourcen zugeordnet. Ergänzend wird die Governance für die Prozesssteuerung festgelegt, Monitoring und Entscheidungsprozesse etabliert und Zielwerte für die Kennzahlen vorgegeben.
Abgerundet wird die organisatorische Verankerung durch Kommunikationsmaßnahmen sowie die Befähigung der Beteiligten durch Schulungen. Einige Unternehmen integrieren die Zielwerte der Prozessteuerung in den Anreizsystemen des Unternehmens. Aus unserer Sicht ist abhängig von der Unternehmenskultur und der Vorerfahrung mit Process Mining Tools zu bewerten, ob und wie eine Verankerung im Anreizsystem sinnvoll ist.
4.4 Betriebsphase und kontinuierliche Optimierung
In Phase 4 beginnt die Pilotphase. Über mehrere Wochen werden in einem iterativen Vorgehen die Prozessdaten analysiert, plausibilisiert und validiert, um das Datenmodell zu finalisieren und vorhandene Algorithmen zu trainieren. Sobald die Ergebnisse stabil sind und die Prozesssteuerung funktionsfähig läuft, startet der Regelbetrieb des Prozessmonitoring in Phase 5. Es werden in einem definierten Regelprozess Auffälligkeiten analysiert, Optimierungen eingeleitet und die Veränderungen der Optimierung kontrolliert. Da sich Prozesse und Systemlandschaften fortlaufend ändern, ist es zudem wichtig, diese strukturellen Änderungen kontinuierlich vorzunehmen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Process Mining-Implementierung einem generalistischen Ansatz folgen kann. Je nach Anforderungen und Besonderheiten von Unternehmen z. B. in Systemlandschaft, Unternehmenskultur oder Funktionalitäten wird das Vorgehen spezifisch angepasst.