Bei der Kalkulation mit Prozesskostensätzen werden die Prozesskosten über Prozesskostensätze und Prozessmengen den Kostenträgern direkt zugerechnet. Kostenträger können beispielsweise Produkte oder Kunden sein.
3.1 Herkömmliches Kalkulationsverfahren Zuschlagskalkulation
Nach wie vor häufig eingesetztes Kalkulationsverfahren ist die so genannte Vollkostenrechnung auf der Basis von Zuschlagssätzen. Dabei werden sämtliche im Betrieb anfallenden Kosten auf Kostenträger (z. B. Produkte) verrechnet, wobei grundsätzlich zwischen Einzel- und Gemeinkosten unterschieden wird:
- Die Einzelkosten werden jeweils direkt auf die Kostenträger verrechnet, z. B. Kosten für Fertigungsmaterialien.
- Die Gemeinkosten dagegen sind all die Kosten, welche nicht direkt auf einen Kostenträger verrechnet werden können. In der Praxis der herkömmlichen Vollkostenrechnung werden diese Kosten über prozentuale Zuschlagssätze auf die jeweiligen Kostenträger verrechnet, z. B. ein Zuschlag für Materialgemeinkosten.
Herkömmliche Zuschlagskalkulation
Kalkulationsschema Zuschlagskalkulation |
1 |
Fertigungsmaterial |
|
500,- EUR |
2 |
Materialgemeinkosten |
12 % |
60,- EUR |
3 |
Materialkosten (1+2) |
|
560,- EUR |
4 |
Fertigungslöhne |
|
300,- EUR |
5 |
Fertigungsgemeinkosten |
135 % |
405,- EUR |
6 |
Sondereinzelkosten der Produktion |
|
35,- EUR |
7 |
Fertigungskosten (4+5+6) |
|
740,- EUR |
8 |
Herstellkosten (3+7) |
|
1300,- EUR |
9 |
Verwaltungsgemeinkosten |
8 % |
104,- EUR |
10 |
Vertriebsgemeinkosten |
10 % |
130,- EUR |
11 |
Sondereinzelkosten des Vertriebs |
|
46,- EUR |
12 |
Selbstkosten (8+9+10+11) |
|
1580,- EUR |
Tab. 1: Kalkulationsschema Zuschlagskalkulation
Durch diese Zuschlagssätze ist das Verfahren zwar relativ einfach anzuwenden, gleichzeitig liegt aber in der Verwendung der Zuschlagssätze ein wesentlicher Nachteil dieses Kostenrechnungssystems. Grund dafür ist, dass die Verwendung von prozentualen Zuschlagssätzen in der Praxis zu Verzerrungen der Kalkulation führt, wie später noch gezeigt werden wird (vgl. Kap. 3.3).
Nachteil
Ein zentraler Nachteil der herkömmlichen Vollkostenrechnung mit Zuschlagssätzen liegt in der prozentualen Schlüsselung der Gemeinkosten.
3.2 Prozessbasiertes Kalkulationsverfahren
Der Vorteil dieses Verfahrens gegenüber der traditionellen Zuschlagskalkulation liegt darin, dass die Gemeinkosten nicht wie bei der Zuschlagskalkulation in einem für Verzerrungen anfälligen Verfahren auf die Kostenträger umgelegt werden, sondern die Gemeinkosten verursachungsgerecht auf die Kostenträger verrechnet werden. Ausgangspunkt sind die in der Prozessanalyse ermittelten Prozesskostensätze für die jeweiligen Hauptprozesse und die im Zusammenhang mit dem Kostenträger anfallenden Einzelkosten, z. B. Materialeinzelkosten.
Im Anschluss daran ermitteln Sie, wie oft ein bestimmter Prozess durchlaufen werden muss, um einen bestimmten Kostenträger (Produkt, Dienstleistung) erstellen zu können. So kann es im Rahmen eines Auftrages beispielsweise notwendig sein, fünf Anfragen bei Lieferanten durchzuführen. Sie müssen diese fünf Anfragen mit dem Prozesskostensatz des Hauptprozesses "Anfragen" multiplizieren und diese zusammen auf den Kostenträger verrechnen. So verrechnen Sie schrittweise alle an der Durchführung des Auftrages (Kostenträger) beteiligten Prozesse auf den Kostenträger. Falls im Rahmen Ihrer Kostenrechnung über die Bildung von Hauptprozessen nicht alle Gemeinkosten Ihrer Kostenstellen auf Hauptprozesse verrechnet werden konnten, müssen Sie die verbliebenen Restgemeinkosten noch anteilig entsprechend dem Verfahren der Zuschlagskalkulation verrechnen.
Diese Vorgehensweise wird grafisch durch Abb. 6 nochmals veranschaulicht.
Abb. 6: Prozessbasierte Kalkulation
3.3 Herkömmliche Verfahren vs. prozessbasierte Verfahren
Am besten lässt sich die Schwäche der herkömmlichen Zuschlagskalkulation gegenüber der prozessbasierten Kalkulation anhand eines Beispiels verdeutlichen. Dieses vergleicht die Kalkulation eines Kleinauftrages mit der eines Großauftrages auf Basis der unterschiedlichen Kalkulationsverfahren.
Ausgangsbasis
In beiden Kalkulationsverfahren wird dieselbe Ausgangsbasis zugrunde gelegt (Fertigungsmaterial beim Kleinauftrag 140,- EUR und Fertigungsmaterial beim Großauftrag 12.460,- EUR).
Bezogen auf die Zuschlagskalkulation ergibt sich daraus folgende Kalkulation:
Zuschlagskalkulation |
|
Kleinauftrag |
Großauftrag |
Fertigungsmaterial |
140,- EUR |
12.460,- EUR |
+ Materialgemeinkostenzuschlag 20 % |
28,- EUR |
2.492,- EUR |
= Materialkosten |
268,- EUR |
14.952,- EUR |
Fertigungslöhne |
800,- EUR |
8.860,- EUR |
+ Fertigungsgemeinkostenzuschlag 175 % |
1.400,- EUR |
15.505,- EUR |
= Fertigungskosten |
2.200,- EUR |
24.365,- EUR |
= Herstellkosten |
2.468,- EUR |
39.317,- EUR |
+ Verwaltungsgemeinkostenzuschlag ca.15 % |
370,- EUR |
5.898,- EUR |
+ Vertriebsgemeinkostenzuschlag ca. 20 % |
493,- EUR |
7.863,- EUR |
= Selbstkosten |
3.329,- EUR |
53.078,- EUR |
+ Gewinnzuschlag ca.10 % |
333,- EUR |
5.308,- EUR |
= kalkulierter Angebotspreis |
3.662,- EUR |
58.386,- EUR |
Tab. 2: Schema der Zuschlagskalkulation im Beispiel
Bezogen auf die prozessbasierte Kalkulation ergibt sich folgende Kalkulation:
Prozessbasierte Kalkulation |
|
Kleinauftrag |
Großauftrag |
Fertigungsmaterial |
140,- EUR |
12.460,- EUR |
+ Prozesskosten |
750,- EUR |
750,- EUR |
... |