Neben dem Gemeinkostenmanagement ist der Einsatz der Prozesskostenrechnung im Rahmen der Produktkalkulation am bedeutendsten. Durch die detaillierte Zurechnung von Prozesskosten auf Produkte, die diese in Anspruch nehmen, kann eine genauere Kalkulation erreicht werden als durch eine pauschale Zuschlagsrechnung (sog. Allokationseffekt). Damit wird auch deutlicher ersichtlich, welche Produkte bspw. aufgrund komplexer Logistik oder Kundenbetreuungsprozesse erheblich mehr Prozesskosten induzieren als andere (sog. Komplexitätseffekt). Da viele Prozesse nicht produktbezogen, sondern auftrags- oder kundenbezogen sind, wird es möglich, die Prozesskosten je Stück durch eine größere Herstellmenge zu reduzieren (sog. Degressionseffekt).

Die Integration der Prozesskostenrechnung in eine bestehende Kostenrechnung erlaubt zudem eine um Prozesskosten ergänzte Deckungsbeitragsrechnung. Auf deren Grundlage wird ersichtlich, welche Deckungsbeiträge durch Produkte und Kunden entstehen, nachdem anteilige Prozesskosten saldiert wurden. Somit können Entscheidungen über das Produkt- und Kundenportfolio unterstützt werden, wobei hier nicht mehr nur die Effizienz, sondern auch die Effektivität betroffen ist.

Prozesssteuerung

Um die Unternehmensprozesse dauerhaft wirtschaftlich zu betreiben bzw. zu verbessern, wird in der Literatur ein prozessorientiertes Performance Measurement vorgeschlagen. Eine kontinuierliche Messung, Bewertung und Visualisierung der Kosten-, Zeit- und Qualitätskriterien der Prozesse sollen eine ebenso kontinuierliche Verbesserung erlauben[1].

Problemfelder

Die Vorgehensweise bei der Ermittlung und Nutzung der Prozesskosteninformationen erscheint auf den ersten Blick plausibel und gut nachvollziehbar. Sie basiert jedoch in der oben beschriebenen Form auf einer mehrfachen Schlüsselung von Gemeinkosten sowie der Annahme, dass sich Prozesse und Kostentreiber klar abgrenzen und identifizieren lassen. Beides ist jedoch eher von Plausibilitätsüberlegungen geprägt. Bis heute fehlen klare produktions- und kostentheoretische Begründungen dafür. Die Gemeinkostenschlüsselung kann zu Fehlurteilen führen, falls fälschlicherweise davon ausgegangen wird, dass eine sinkende Prozessmenge (sinkende Zahl an Prozessdurchführungen) auch zu sinkenden Prozesskosten führen würde. Gemeinkosten lassen sich niemals "verursachungsgerecht" zurechnen, da sie sonst Einzelkosten wären[2].

Darüber hinaus ist die Bewältigung der höheren Komplexität durch die Prozesskostenrechnung zu berücksichtigen. Die höhere Detaillierung durch die Prozesskostenrechnung erfordert mehr Daten und Aufwand in der Prognose, Planung und Kontrolle und ebenso eine komplexere Software-Unterstützung. Insgesamt wird die Einführung und dauerhafte Nutzung der Prozesskostenrechnung als sehr aufwendig angesehen[3].

[1] Vgl. Götze (2007) sowie Gleich, 2011, S. 100 ff.
[2] Vgl. zur Kritik ausführlich Schweitzer/Küpper, 2011, S. 379 ff.
[3] Vgl. auch Friedl/Hofmann/Pedell, 2010, S. 476.

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