Leitsatz
Weist der als Prozessbevollmächtigter Aufgetretene seine Bevollmächtigung nicht zweifelsfrei nach, ist die Klage mangels Prozessvollmacht als unzulässig abzuweisen. Die Kosten sind dem als vollmachtlosen Vertreter Aufgetretenen aufzuerlegen.
Normenkette
§ 62 FGO , § 135 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Ein Wirtschaftsprüfer erhob als Prozessvertreter der Kläger Klage. Der Klage war eine allgemein gehaltene, undatierte, das Klageverfahren nicht bezeichnende, jedoch den Prozessvertreter ausweisende und von den Klägern unterzeichnete Formularvollmacht beigefügt. In dem Klageschriftsatz wurde auf diese Prozessvollmacht verwiesen.
Da der Kläger in verschiedenen gleich gelagerten Fällen ohne entsprechende Bevollmächtigung aufgetreten war, zweifelte das FG die Bevollmächtigung des Wirtschaftsprüfers an und forderte die Kläger persönlich auf, dem FG mitzuteilen, ob sie den Wirtschaftsprüfer als Prozessvertreter bestellt hätten.
Da die Kläger hierauf nicht reagierten, ging das FG von einer fehlenden Bevollmächtigung aus. Es wies die Klage als unzulässig ab und legte die Kosten dem vollmachtlos aufgetretenen Wirtschaftsprüfer auf.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Nur für das Revisionsverfahren sei von einer wirksamen Bevollmächtigung auszugehen, damit der BFH die Frage der Zulässigkeit der Klage überhaupt prüfen könne.
Im Regelfall genüge zwar eine Formularvollmacht in der Art, wie sie der Wirtschaftsprüfer vorgelegt habe. Denn durch die Beiheftung zu einer Klage werde der konkrete Bezug zu dem eingeleiteten Verfahren ausreichend hergestellt.
Das FG habe im Streitfall jedoch aufgrund seiner Erfahrungen in der Vergangenheit über die mangelnde Bevollmächtigung des Wirtschaftsprüfers in gleich gelagerten Fällen zu Recht die vorgelegte Vollmacht in Zweifel gezogen. Deshalb sei es auch befugt gewesen, bei den Klägern persönlich wegen der Bevollmächtigung nachzufragen. Da die Zweifel nicht ausgeräumt worden seien, habe das FG davon ausgehen können, dass der Wirtschaftsprüfer nicht bevollmächtigt gewesen sei.
Da der Wirtschaftsprüfer mangels ordnungsgemäßer Vollmachtsvorlage die Klageabweisung als unzulässig und die Zurückweisung der Revision als unbegründet veranlasst habe, seien ihm die Prozesskosten aufzuerlegen.
Hinweis
Die Entscheidung ist zu § 62 FGO in der Fassung bis 2000 ergangen. Danach war die Vorlage einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht in allen Fällen Zulässigkeitsvoraussetzung (§ 62 Abs. 3 FGO a.F.).
Der BFH hält daran fest, dass eine Formularvollmacht auch ohne Angabe des konkreten Verfahrens ausreicht, wenn sie dem Klageschriftsatz beigeheftet und dadurch der Bezug zu dem konkreten Verfahren hergestellt ist.
Nur in dem vorliegenden Sonderfall reichte dies nicht aus, da das FG aufgrund des vollmachtlosen Auftretens des Wirtschaftsprüfers in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen anderer Kläger Zweifel an der Bevollmächtigung für das konkrete Verfahren hatte.
Nach der Neuregelung durch das 2. FGOÄndG in § 62 Abs. 3 FGO brauchen die berufsmäßigen Vertreter i.S.d. § 3 Nrn. 1-3 StBerG im Regelfall keine Prozessvollmacht mehr vorzulegen. Diese wird vom FG grundsätzlich nur noch auf Rüge des Gegners (des FA) verlangt.
Bestehen jedoch begründete Zweifel an der Bevollmächtigung, kann und muss das FG bzw. der BFH auch beim Auftreten eines berufsmäßigen Vertreters nach wie vor die Vorlage einer schriftlichen Prozessvollmacht verlangen (BFH-Beschluss vom 20.2.2001, III R 35/00, BFH/NV 2001, 813; Dürr, INF 2001, 65). Wird dies versäumt, ist die Klage unzulässig; der vollmachtlos aufgetretene Prozessvertreter trägt dann die Verfahrenskosten.
Zur Vermeidung von Missverständnissen ist es in jedem Fall ratsam, auf der Vollmacht das konkrete Verfahren zu bezeichnen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.3.2001, IX R 71/98