Leitsatz
Trägt ein Steuerpflichtiger die Verantwortung dafür, dass eine Prüfungsanordnung nicht ordnungsgemäß zugestellt wird, erfolgt trotz Ablaufs der Festsetzungsfrist keine Festsetzungsverjährung.
Sachverhalt
Bei der Klägerin sollte für die Jahre 2001 bis 2004 eine Außenprüfung durchgeführt werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Außenprüfung für die Vorjahre 1998 bis 2000 noch nicht abgeschlossen. Der Beginn der Prüfung war für den Dezember 2006 geplant, eine entsprechende Prüfungsanordnung wurde im Oktober 2006 erlassen. Kurz vor dem Prüfungstermin teilte der steuerliche Berater der Klägerin mit, dass die im Oktober 2006 übersandte Prüfungsanordnung nicht zugegangen sei. Daraufhin übergab die beklagte Finanzbehörde wenige Tage vor dem Beginn eine neue Prüfungsanordnung, die - so der Wortlaut - die alte Prüfungsanordnung vom Oktober ersetzte. Noch vor dem Beginn der Prüfung legte die Klägerin Einspruch ein und verwies auf das falsch ausgeübte Ermessen hinsichtlich der Bekanntgabefrist. Eine Anfrage zu einzelnen Fragen und zur Vorlage von Unterlagen wurde nicht beantwortet. Der Prüfer erschien zum festgelegten Prüfungsbeginn, ihm wurde aber der Zutritt zu den Geschäftsräumen verwehrt. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Insbesondere sei § 197 AO beachtet, da die Prüfungsanordnung eine angemessene Zeit vor Prüfungsbeginn bekannt gegeben worden sei. Da die Anordnung bereits im Oktober 2006 übersandt worden sei, sei § 5 Abs. 4 BPO beachtet worden. Auch sei durch den Ablauf des Jahres 2006 keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da die Festsetzungsfrist nicht ablaufe, wenn die Prüfung bereits begonnen worden sei (§ 171 Abs. 4 AO). Dem trat die Klägerin durch Klagerhebung entgegen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Prüfungsanordnung sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben, weil die Vierwochenfrist des § 5 Abs. 4 BPO nicht gewahrt sei. Zudem sei keine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist eingetreten, da die Prüfung gar nicht ernsthaft begonnen worden sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Hier ist es nicht zu einer Festsetzungsverjährung gekommen, da der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 4 AO gegeben ist. Mit der Prüfung ist bereits in 2006 begonnen worden, und zwar mit der Aufforderung bestimmter Unterlagen bzw. den Auskunftsersuchen. Zudem ist der Prüfer zum Beginn der Prüfung erschienen, man hat ihm aber den Zutritt zu den Geschäftsräumen verweigert. Da dieses "Hausverbot" rechtswidrig war, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Prüfer die Prüfung vor Ort nicht begonnen habe. Auch ist die Prüfungsanordnung rechtmäßig erlassen worden. Nach § 197 Abs. 1 AO ist es nur erforderlich, dass die Prüfungsanordnung eine angemessene Frist vor dem Beginn der Prüfung zugestellt wird. Auch wenn hier entgegen der Ansicht des beklagten Finanzamts hinsichtlich der Frist nicht auf die Prüfungsanordnung vom Oktober abzustellen ist, sondern auf die spätere aus dem Dezember 2006, ist hier doch die Frist von einer Woche als angemessen anzusehen. Unerheblich ist, dass die Prüfung unmittelbar nach dem Beginn für mehr als 6 Monate unterbrochen wurde, da diese Unterbrechung die Klägerin zu vertreten hat.
Hinweis
Das Urteil beinhaltet einige interessante Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Beginn einer steuerlichen Außenprüfung. Hierbei stehen im Mittelpunkt der Entscheidung Fragen nach der wirksamen Zustellung der Prüfungsanordnung sowie der Folgen einer Prüfungsanordnung, deren Zustellung der Steuerpflichtige zunächst bestritten hat sowie der Verweigerung des Zutrittsrechts, letztere beiden vor allem im Hinblick auf Verjährungsfragen. U. a. stellt das Gericht hierbei vor allem deutlich heraus, wann es zu einer Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO kommt. Erforderlich hierfür sind eine (wirksame) Prüfungsanordnung sowie der Beginn von tatsächlichen Prüfungshandlungen sowie in einer Negativabgrenzung, dass die Prüfung nicht nur zum Schein begonnen worden ist. Hinsichtlich der Fragen der wirksamen Prüfungsanordnung war hier von Bedeutung, dass nur eine angemessene Frist vor dem Beginn der Prüfung zu gewähren ist. Wichtig ist es zu erkennen, dass die Frist von vier Wochen, die nach § 5 Abs. 4 BPO für die Prüfung bei Großbetrieben gilt, hier keine Anwendung findet. Zudem wird zwar vom BFH regelmäßig eine Frist von zwei Wochen als angemessen angesehen, doch gilt dies nicht uneingeschränkt (vgl. Tipke, in: Tipke/Kruse, AO, § 197 AO Tz. 4 ff.). Eine solche Ausnahme sah das Gericht hier als gegeben an.
Das Gericht stellt auch zutreffend klar, dass mit der Prüfung bereits wirksam begonnen wurde, dass Anfragen gestellt und Unterlagen angefordert wurden. Das reine physische Erscheinen des Prüfers vor Ort ist zwar regelmäßig ein wichtiges Indiz für den Prüfungsbeginn, kann es aber dann nicht sein, wenn - wie hier - ein rechtswidriges Hausverbot ausgesprochen wurde. Außerdem ist es zutreffend, dass sich ein Steuerpflichtiger, der selber in...