Svenja Amrhein, Jochen Fellhauer
Einerseits lässt sich Agilität nicht durch eine Managemententscheidung quasi per Beschluss einführen. Andererseits können agile Arbeitsmethoden nur sehr rudimentär eingeführt werden, wenn das Management die Ansätze nicht mitträgt.
Gerade für Führungskräfte stellt die Umstellung auf agile Organisations- und Arbeitsmethoden eine erhebliche Herausforderung dar. Es bedarf großen Vertrauens, um sowohl Macht als auch Kontrolle abzugeben. Dies setzt auch voraus, dass sich das Unternehmen in seiner Kultur auf neue Formen der Führung einlassen kann. Wenn das Führungsteam bereit ist, das Neuland mit zu betreten und sich auch einen eigenen Erfahrungsschatz durch Partizipation aufbaut, erhöht sich die Widerstandsfähigkeit, schon bei kleineren Rückschlägen in alte Muster zurück zu verfallen.
Beim Führungskreis spielt hierbei ebenfalls der Faktor Wollen eine große Rolle, der wiederum für das Projektteam unmittelbaren Einfluss auf den Faktor Dürfen hat. Wenn der Führungskreis nicht will – egal ob geäußert oder nicht – führt das unweigerlich dazu, dass die Mitarbeiter nicht wie gewünscht arbeiten bzw. in unserem Beispiel das Projekt nicht durchführen dürfen und können. Hausgemachte Stolpersteine sind vorprogrammiert. Auf Seiten der Führungskräfte ist somit das klare Bekenntnis zur Einführung neuer Arbeitsstile erforderlich, wie auch die Erkenntnis, dass so eine Veränderung im Unternehmen auch auf die eigenen Führungsmethoden einen Einfluss haben wird. Auch die Führungskräfte werden sich verändern müssen. Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender Otto Group, bemerkt zum Thema Kulturwandel:
"Kulturwandel heißt ja nicht am Verhalten zu arbeiten, sondern wirklich an der Haltung zu arbeiten. Und ich glaube, das war für uns alle, auch mich inbegriffen, nicht einfach [...]."
Eine Möglichkeit, Führungskräfte in dem Prozess zu begleiten, besteht darin, gezielte Maßnahmen wie Coachings und Trainings anzubieten, die es ermöglichen, den eigenen Führungsstil zu reflektieren und Neues im sicheren Rahmen zu testen. Die eigene Haltung zu hinterfragen und daran zu arbeiten, fördert das Voranschreiten von Veränderungen von oben in die Organisation hinein und bekräftigt das Vertrauen in die neue Herangehensweise. Um dieses Vertrauen wiederum vom Projekt heraus zu bestätigen, ist eine transparente Kommunikation über die neuen Vorgehensweisen wichtig. Stakeholder Management seitens des Projektleiters bzw. Product Owners spielt hier eine wichtige Rolle. Fehlt ein gutes Stakeholder Management, so entspricht das Projekt für Außenstehende bzw. Auftraggeber einer Black Box. Das behindert auch in klassischen Projekten den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses.
Case-Study ServCo GmbH: Strukturanpassungen
Auf Vorschlag des Projektteams werden Vertreter des Managements im Rahmen eines Beratergremiums an Stelle eines Steuerkreises eingebunden und zu Sprint-Planungs- und Sprint-Review-Meetings eingeladen. Der Product Owner holt einzelne Personen aus dem Beratergremium immer wieder zu spezifischen Themen ins Boot und stimmt sich mit ihnen ab.