Svenja Amrhein, Jochen Fellhauer
Agile Arbeitsweisen neu im Unternehmen oder in einem Bereich einzuführen, bedarf einiger Planung und Weitsicht. Auch wenn durchaus die Möglichkeit besteht, das ganze Unternehmen auf einmal auf neue Arbeitsweisen umzustellen, hat sich in der Praxis bewährt, die Einführung inkrementell zu gestalten. Dadurch ergibt sich auch die Möglichkeit, verschiedene Ansätze zu pilotieren und kontinuierlich zu verbessern sowie aus der Anwendung zu lernen.
Das erleichtert auch die Befähigung von Mitarbeitenden. Beispielsweise können erfahrene Mitarbeitende aus abgeschlossenen Projekten oder aus bereits agil arbeitenden Abteilungen als Agile Coaches ausgebildet werden, um in anderen Teams die Einführung agiler Arbeitsweisen zu begleiten und ihre Erfahrung mit einzubringen. So kann wertvolles unternehmensinternes Wissen gewinnbringend genutzt werden.
Grundsätzlich lässt sich bei der Einführung agiler Arbeitsmethoden wie auch bei allen anderen Veränderungen sagen, dass eine klare Zielsetzung und einhergehende Kommunikation erforderlich ist.
- Soll agiles Arbeiten einfach mal ausprobiert werden oder ist bereits klar, dass agiles Arbeiten eingeführt werden soll?
- In welchem Rahmen wird begonnen? Sprich: Welche Teams, Projekte, Prozesse sollen agil aufgesetzt werden?
- Bis wann?
- Und wie kann es danach weitergehen?
Klassisches Projektmanagement hat in dem Sinne nicht ausgedient, denn Elemente wie Stakeholder Management, Zielformulierung, Zeitmanagement und Erfolgstracking bleiben weiter zu einem gewissen Grad erforderlich. Gleichzeitig wird auch hier eine gewisse Agilisierung zu spüren sein. Es gilt letztlich wie so häufig: "Haltung über Methode".
Auch die Kommunikation spielt eine wesentliche Rolle. Wenn agile Arbeitsweisen eingeführt werden, sollte nicht nur der direkt von der Veränderung betroffene Mikrokosmos – sei es Projekt oder Abteilung – davon wissen, denn in der Regel arbeitet niemand isoliert. Insbesondere angrenzende Funktionen sollten angemessen informiert sein, um sich gegebenenfalls auf neue Kommunikationswege und Arbeitsabläufe einzustellen. In diesem Zuge gilt es auch zu klären, wie mit daraus resultierenden Konflikten umgegangen wird. Und darüber hinaus ist wichtig, zu betonen, dass agil verständlicherweise nicht immer besser ist. Bei klar abgrenzbaren, immer gleichen und somit hochgradig standardisierbaren Prozessen sind agile Arbeitsweisen nicht zielführend. Bewegen sich die Aufgaben jedoch in einem eher komplexen Umfeld, so sind agile Methoden zu empfehlen. Es gilt also oft das Beste aus beiden Welten zu wählen und agile wie auch nicht-agile Arbeitsweisen als gleichberechtigt zu akzeptieren.
Nicht unterschätzen sollte man den Faktor Zeit. Die Veränderung von Kultur und Arbeitsweisen, sowohl in Teams, als auch in Unternehmen braucht Zeit. Dessen sollte man sich bewusst sein. Es geht im vorliegenden Fall nicht von Wochen oder Monaten, es handelt sich wohl eher um Jahre. Das gelernte und über viele Jahre angewandte Verhalten muss reflektiert werden, wo nötig angepasst und möglichst viele Mitarbeitende auf diesem Weg mitgenommen werden. Diese Veränderung geschieht nicht über Nacht. Und das wiederum erfordert Durchhaltevermögen. Letzten Endes kommt es gerade bei einer stufenweisen Einführung von agilem Arbeiten oft zu Wissensunterschieden bzw. unterschiedlichen Reifegraden in der Organisation.
Als hilfreich hat sich daher die Nutzung von Coaches, Change Managern oder Organisationsentwicklern als Sparringspartner für Projektmanager und Führungskräfte bewährt. Der Sparringspartner hilft dabei, den Prozess von außen zu betrachten und somit zu reflektieren: "Wo hakt es gerade?", "Was erfordert es aktuell, um Spannungen zu lösen oder neue Energie in ein Projekt zu bringen?" und "Habe ich als verantwortliche Person alles im Blick?"