Leitsatz
Eine nebenberufliche künstlerische Tätigkeit kann auch vorliegen, wenn sie die eigentliche künstlerische (Haupt-)Tätigkeit unterstützt und ergänzt, sofern sie Teil des gesamten künstlerischen Geschehens ist.
Normenkette
§ 3 Nr. 26 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Beamter und nebenberuflich als Statist (Komparse) an einer – inländischen – Oper beschäftigt. Er wirkte im Streitjahr 2001 an insgesamt 61 Proben und Vorführungen mit.
Er erklärte 2.300 DM steuerfreie Einnahmen aus nebenberuflicher künstlerischer Tätigkeit (§ 3 Nr. 26 EStG).
Das FA nahm steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit an.
Das FG gab der Klage statt: Ein nebenberuflich tätiger Statist übe eine künstlerische Tätigkeit aus, solange er nicht lediglich als eine Art "menschliche Requisite" gewissermaßen als Teil der Bühnenausstattung eingesetzt werde (EFG 2006, 1036).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH vertrat unter Berücksichtigung des in den Praxis-Hinweisen dargestellten Zwecks der Ergänzung des § 3 Nr. 26 EStG die aus dem Leitsatz ersichtliche Rechtsauffassung.
Hinweis
1. Nach § 3 Nr. 26 EStG in der für das Streitjahr 2001 gültigen Fassung sind steuerfrei u.a. Einnahmen bis zur Höhe von 3.600 DM im Jahr aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke.
Die Steuerbefreiung für die nebenberufliche künstlerische Tätigkeit ist durch das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz vom 13.12.1990 (BGBl I 1990, 2775) eingeführt worden. Es sollten dadurch die steuerlichen Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur weiter verbessert und der Handlungsspielraum für künstlerisches und kulturelles Engagement durch zusätzliche gezielte steuerliche Entlastungsmaßnahmen erweitert werden. Insbesondere sollte die Arbeit der im kulturellen Bereich tätigen gemeinnützigen Vereine gefördert werden (BTDrucks. 11/7833, S. 1, 7 f.).
2. Eine künstlerische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfordert nach der Rechtsprechung des BFH eine eigenschöpferische Leistung mit einer gewissen künstlerischen Gestaltungshöhe (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 14.11.2004, IV R 63/02, BFH-PR 2005, 179).
3. Bei der Entscheidung, inwieweit die zu § 18 EStG aufgestellten Grundsätze auf § 3 Nr. 26 EStG übertragen werden können, kann der Zweck, der mit der Steuerbefreiung von Einnahmen in geringer Höhe aus einer künstlerischen Nebentätigkeit verfolgt worden ist, nicht unberücksichtigt bleiben.
Es ist zu bedenken, dass das künstlerische Niveau der im kulturellen Bereich tätigen gemeinnützigen Vereine, deren Arbeit insbesondere gefördert werden sollte, häufig nicht eine professionelle Gestaltungshöhe erreichen wird.
Der Begriff der künstlerischen Nebentätigkeit darf aber nicht so ausgelegt werden, dass die Steuerbefreiung wegen zu hoher Anforderungen an die künstlerische Gestaltungshöhe praktisch leer laufen und damit der Gesetzeszweck verfehlt würde.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.4.2007, XI R 21/06