Prof. Dr. Markus Grottke, Prof. Dr. Robert Obermaier
2.1 Ausgangsproblem
Getrieben durch die hohen Anforderungen aus der Automobilfertigung haben sich bereits seit mehreren Jahren neue Produktionsmethoden wie z. B. Lean Management in Kombination mit hochintegrierten Logistikketten etabliert. Dies hat zu Just in Sequence (JIS) und Just in Time (JIT)-Lieferungen – also dem rechtzeitigen Anliefern von Teilen in der richtigen Reihenfolge – geführt. Ferner ergeben sich jedoch vermehrt unterschiedlichste Produktvarianten bis hin zur Losgröße 1. In Summe resultieren somit tiefere – weil spezialisiertere – Zulieferstufen in Kombination mit globalen Fertigungsstandorten. Ergänzend kommt hinzu, dass sich im Rahmen der Digitalisierung verstärkt End-2-End-Prozesse etablieren werden. Im Rahmen dieser wird direkt an Kundenbedürfnissen angesetzt (End), welche durch einen gemeinsamen Produktprototyp über die Produktionsplanung und –fertigung bis zum Service hinziehen und damit wieder bei der passgenauen Bedürfnisbefriedigung des Kunden enden (End).
Abb. 1: End-2-End-Prozess
Jede dieser drei Entwicklungen (JIS und JIT, Losgröße 1 und End-2-End) hat zur Folge, dass die An- und Auslieferungen der Teile vom Lieferanten zu den Herstellern des Originalerzeugnisses (OEMs) wesentlich kleinteiliger und damit insgesamt komplexer werden. Dies hat wesentlichen Einfluss auf das Lieferantenmanagement. Die Vielzahl der abgerufenen und zu liefernden Materialien erhöht sich und damit auch der Aufwand im Einkauf und im Einkaufscontrolling.
2.2 Der Lösungsansatz der msg systems ag
2.2.1 Das Konzept
Abweichungen von der richtigen Reihenfolge erkennen
Aktuell wird beim Wareneingang (OEM) und Warenausgang (Lieferant) die korrekte Liefernummer über die üblichen Begleitscheine an der Lieferung sichergestellt. Allerdings ergeben sich in der Praxis regelmäßig Abweichungen zwischen der Wareneingangsposition auf den Begleitscheinen, auf welchen die für die Festlegung der richtigen Reihenfolge im Rahmen der Just-in-Sequenz notwendigen Liefernummern und Sequenznummern enthalten sind, und der tatsächlichen Anordnung der Teile in den Behältern. Durch die eingangs beschriebenen drei Herausforderungen erhöht sich durch diese Abweichungen die Anzahl der Problemfälle wesentlich.
Die Konsequenzen solcher Problemfälle sind nicht unerheblich. Treten diese auf, müssen die gelieferten Teile mühsam umsequenziert und halbfertige Produkte ggf. auch noch an den Montagelinien umgebaut werden.
Lernendes Frühwarnsystem
Dieser Herausforderung wurde seitens der msg systems ag durch die Lösung Smart Logistics Management begegnet. Sie vereinfacht die komplexe Teilebedarfs- und -kapazitätsplanung und kombiniert dies mit einer "lernenden" Fehlerprüfung beim Wareneingang. Auf diese Weise kann ein Frühwarnsystem etabliert werden, welches folgende Punkte adressiert:
- Früherkennung von Materialengpässen zwischen den Lieferanten und dem Hersteller (Wochen statt Tage vorher). Damit werden die Logistikkosten nachhaltig reduziert, falls kurzfristig Teile nachgeliefert werden müssen.
- Früherkennung von Falschlieferungen und –sequenzierung beim Wareneingang (OEM) bzw. sogar bereits beim Warenausgang (Lieferant).
- Identifikation von bislang unerkannten Zusammenhängen im Bestell- und Lieferprozess, d. h. zwischen Materialien und Lieferanten durch vordefinierte Datenanalysen und –berichte, um so zuvor unbekannte Fehlerquellen zu bestimmen und zu adressieren.
- Verbesserung der Lieferantenbewertung durch Einbindung von Lieferanteninformationen aus der Lieferkette, um gezielt Fehler sogar bereits dann zu erkennen und zu beheben, bevor die Waren angeliefert wurden. Dahinter verbirgt sich eine Kombination aus künstlicher Intelligenz und modernen Sensoren, welche die Lieferdaten aufnimmt und mit den Bedarfen abgleicht.
- Erleichterung und Beschleunigung von manuellen Arbeitsschritten am Band, bei der Qualitätssicherung und im Lieferantenmanagement. Dies erfolgt durch entsprechende Schnittstellen in die hierfür vorgesehen IT-Systeme. Auf diese Weise können die entsprechenden Aktionen direkt im Rahmen der hierfür vorgesehenen Verfahren umgesetzt werden.
Cloud-Lösung bietet firmenübergreifende Plattform
Das System läuft in der Cloud und bietet damit die Möglichkeit eine zentrale Plattform über Lieferantenstufen hinweg zu etablieren. Die Plattform nutzt moderne Geräte, wie z. B. Tablets für digitale Bilderkennung und kombiniert dies mit offenen Schnittstellen zu den Produktionsplanungs- und Kapazitätsmanagementsystemen. In Abb. 2 sind die wesentlichen Funktionsblöcke und ihre Ansiedelung bei den verschiedenen involvierten Parteien zusammengefasst.
Abb. 2: msg Smart Logistics Management – Elemente und Datenfluss in der Übersicht
2.2.2 Elemente und Vorteile des Systems im Detail
Materialien und Begleitschein abgleichen
Beim Wareneingang erfassen Sensoren die einzelnen Materialien in ihren Behältern und erkennen die konkrete Materialnummer. Im Anschluss wird der Begleitschein gescannt und das Ergebnis mit dem Produktionsplanungssystem abgeglichen. Abweichungen in der Liefernummer und der –sequenz werden unmitte...