Leitsatz
Hersteller einer Ware i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG kann auch derjenige Arbeitgeber sein, der im Auftrag und nach Plänen und Vorgaben eines anderen die Ware produziert.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die V-KG, eine Schwesterfirma der Klägerin, gibt die S-Zeitung heraus. Den Satz und den Druck der Zeitung führt die Klägerin im Auftrag der V-KG aus. Diese übermittelt den Inhalt und die Satzvorgaben für die Zeitung an die Klägerin, die die gedruckten Zeitungen an eine von der V-KG beauftragte Vertriebsfirma übergibt. Die V-KG hat der Klägerin gestattet, ihren Arbeitnehmern jeweils ein Freiexemplar der Zeitung zu überlassen. Die Arbeitnehmer der Klägerin nehmen entweder ein Freiexemplar mit nach Hause oder lassen sich die Zeitung über die Vertriebsfirma zustellen. In diesem Fall zahlen sie lediglich die Zustellgebühr.
Das FA vertrat die Ansicht, die Abgabe der Freiexemplare an die Arbeitnehmer der Druckerei sei als geldwerter Vorteil der Nachversteuerung zu unterwerfen; der Rabattfreibetrag finde keine Anwendung. Das FG wies die Klage der Klägerin gegen den LSt-Pauschalierungsbescheid ab.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Rabattfreibetrags seien auch bei der Klägerin als Druckerei erfüllt. Die Klägerin sei gleichfalls als Hersteller der Zeitung anzusehen. Die Überlassung des Freiexemplars der Zeitung sei durch die Rabattbesteuerung des § 8 Abs. 3 EStG begünstigt.
Hinweis
Hingewiesen wird zunächst auf die bereits besprochenen Entscheidungen vom 27.8.2002, VI R 63/97, BFH-PR 2003, 16; vom 18.9.2002, VI R 134/99, BFH-PR 2003, 17; und vom 9.10.2002, VI R 164/01, BFH-PR 2003, 18. Die Besprechungsentscheidung löst weitere Probleme im Bereich der Personal- bzw. Belegschaftsrabatte.
1. Der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 EStG kommt – nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen – in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses u.a. Waren erhält, die vom Arbeitgeber (nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer) u.a. hergestellt werden.
2. Das Besprechungsurteil präzisiert den Begriff der "Herstellung" i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG in solchen Fällen, in denen mehrere Arbeitgeber am Produktionsprozess eines Endprodukts beteiligt sind.
Nach zutreffender Ansicht des BFH ist Hersteller einer Ware sowohl derjenige Arbeitgeber, der den Gegenstand selbst produziert, als auch derjenige, der eine Ware auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem anderen produzieren lässt. Beiden ist der Herstellungsprozess zuzurechnen. Im letztgenannten Fall ist auch derjenige Hersteller, der die Ware nach Vorgaben und Plänen seines Auftraggebers produziert.
Allerdings muss der jeweilige Beitrag am Herstellungsprozess derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint.
3. Unter Berücksichtigung arbeitsteiliger Produktionsprozesse hat der BFH seinen Standpunkt auch auf den Fall erstreckt, dass der geistige und der körperliche Hersteller einer Ware auseinander fällt. Demzufolge kann sowohl der Herausgeber als auch die Druckerei einer Zeitung als "Hersteller" i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG angesehen werden.
4. Sind mehrere Unternehmen als Hersteller eines Endprodukts anzusehen, wird jeweils nicht nur der anteilige, sondern der gesamte geldwerte Vorteil vom Rabattfreibetrag erfasst. Die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG beschränkt sich also nicht nur auf denjenigen Teil des Endpreises, der dem Anteil der auf den Arbeitgeber entfallenden Herstellungskosten an den Gesamtherstellungskosten des Endproduktes entspricht.
5. Zur Klarstellung: Die Frage des Ausschlusses des Rabattfreibetrags aufgrund der sog. Konzernklausel stellte sich im Streitfall nicht, da die Zeitung von der Druckerei selbst (mit)hergestellt worden ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.8.2002, VI R 88/99