Rz. 24

Die Reinvestitionsquote bietet Unternehmen die Möglichkeit, die übliche Investitionsquote,[1] die die Nettoinvestitionen auf das Anlagevermögen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten bezieht, sachlogisch nachvollziehen zu können.

 
Reinvestitionsquote (in %) = Nettoinvestitionen in Sachanlagen × 100
Abschreibungen auf Sachanlagen
 

Rz. 25

Es wird das Investitionsverhalten des Unternehmens in Bezug auf den Ersatz alter Anlagen und den Aufbau neuer Produktionsmöglichkeiten beschrieben. Ein Wert über 100 % deutet unter Ausschluss eventueller Preissteigerungen auf Wachstum durch Erweiterungsinvestitionen und/oder eine Positionsverbesserung durch Rationalisierungsinvestitionen hin. Fällt dagegen der Wert unter 100 %, so lässt sich auf eine Vernachlässigung von Ersatzinvestitionen schließen, was in der Zukunft höhere Reparaturaufwendungen, qualitativ veraltete Produkte und hohen Finanzierungsbedarf für später dringend erforderliche Ersatzanlagen erwarten lässt. Angesichts der zeitweise hohen Inflation ist der Aspekt der Preissteigerungen bei der Nominalbetrachtung nach HGB besondere Aufmerksamkeit zu widmen. So sind die Investitionen mit dem aktuellen Preisniveau bewertet, wohingegen die Abschreibungen die Preisniveaus der Vergangenheit beinhalten. Hier wäre also eine Durchschnittsbetrachtung der Nutzungsdauern der abgeschriebenen Vermögensgegenstände nötig, um so das gewichtete Preisniveau der Vergangenheit in den Abschreibungen zu ermitteln und mit dem aktuellen zu vergleichen. Kommt dabei heraus, dass die Preise seither um 20 % höher liegen, so muss auch die Erwartung an die zu erreichende Reinvestitionsquote angehoben werden auf 120 %.

 

Rz. 26

Es ist aber zu beachten, dass die Kennzahl lediglich eine einperiodische Betrachtung vornimmt und somit bestimmte branchen- oder unternehmensbedingte Investitionszyklen nicht beachtet werden. Zudem ist bei den Abschreibungen darauf zu achten, dass nur die betriebswirtschaftlich sinnvollen, nicht aber die steuerlichen oder handelsrechtlichen Mehrabschreibungen mit berücksichtigt werden, was einer Aufbereitung der Daten bedarf. Schon bei dieser Position wird deutlich, dass ein unkommentierter Abschluss Kreditinstitute zu Fehleinschätzungen zulasten des eigenen Unternehmens führen kann. Darüber hinaus wird das Dilemma für Kredit suchende Unternehmen deutlich: Einerseits können ohne Bereinigung außerplanmäßige Abschreibungen auf eine Vernachlässigung der Ersatzinvestitionen negativ wirken, andererseits können nicht vorgenommene außerplanmäßige Abschreibungen in einem angespannten wirtschaftlichen Umfeld auch vom Ratingsystem als negativ eingestuft werden.

[1] Vgl. zur Verwendung bei Kreditinstituten z. B. Meyer, Kunden-Bilanzanalyse der Kreditinstitute, 2. Aufl. 2000, S. 287; Gleißner/Füser, Leitfaden Rating: Basel II: Rating-Strategien für den Mittelstand, 2002, S. 106; Blochwitz/Eigermann, ZfBF 2000, S. 66.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge