Dipl.-Kffr. Carmen Mausbach
Zusammenfassung
Im Rahmen des Ratingprozesses dienen die vom Unternehmen eingereichten Unterlagen als Grundlage für die Einstufung der Kreditwürdigkeit. Sowohl ihr Inhalt als auch ihre Qualität können daher maßgeblichen Einfluss auf das Rating-Urteil und damit auf den Erfolg des Kreditgesprächs haben. Alle Angaben müssen vollständig, nachvollziehbar, wahrheitsgemäß und aktuell sein. Im Zuge der Corona-Krise galt das ganz besonders. Mit der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bekommt der Zugang zu Kapital nun noch eine weitere Dimension. Banken müssen anhand der Offenlegung von nachhaltigen Aktivitäten ihrer Firmenkunden nämlich abwägen und beurteilen, welchen Unternehmen sie einen Kredit zu welchen Konditionen gewähren. Im folgenden Beitrag werden die Unterlagen, die von nahezu allen Banken im Rahmen eines Rating-Prozesses angefordert werden, beschrieben. Dabei wird sowohl auf ihre Bedeutung zur Beurteilung der Bonität als auch auf ihre originäre Funktion zur Unternehmenssteuerung eingegangen. Darüber hinaus enthalten diese Abschnitte Hinweise und Beispiele zu ihrer Erstellung und der Möglichkeit der medienbruchfreien Übermittlung von Einnahmenüberschussrechnungen und Jahresabschlüssen in Form des Digitalen Finanzberichts (DiFin). Die im Einzelnen benötigten Angaben sind abhängig von der Bank und deren Geschäftsmodell sowie dem konkreten Engagement. Demnach schwanken die Erwartungen der Banken an Form und Umfang der eingereichten Unterlagen. Im Vorfeld des eigentlichen Rating-Prozesses sollten daher die Anforderungen der Bank geklärt werden.
1 Jahresabschluss als Grundlage für das Rating
Jeder Kaufmann gem. § 1 HGB und § 2 HGB muss nach den §§ 242 ff. HGB einen Jahresabschluss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufstellen sowie diesen eigenhändig unterschreiben. Diese Abschlüsse dienen Banken dazu, sich vor der Kreditvergabe ein klares und verlässliches Bild über die wirtschaftliche Situation eines Kreditnehmers zu machen. Per Gesetz sind Banken dazu verpflichtet. Zudem haben Banken und Sparkassen ein grundsätzliches Interesse daran, dass die monatlichen Leistungsraten auch langfristig bezahlt werden können. Um ein positives Rating und damit günstige Kreditkonditionen zu erwirken, sollten Kreditnehmer daher besonderes Augenmerk auf die Qualität der einzureichenden Unterlagen legen. Im Rahmen der Corona-Krise ist insbesondere auf eine sorgfältige Liquiditätsplanung zu achten, die auch Grundlage für die Gewährung staatlicher Hilfen ist.
Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750.000 Euro oder 10 vom Hundert des nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anrechenbaren Eigenkapitals des Instituts überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. Das Kreditinstitut kann hiervon absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten offensichtlich unbegründet wäre. Das Kreditinstitut kann von der laufenden Offenlegung absehen, wenn
- der Kredit durch Grundpfandrechte auf Wohneigentum, das vom Kreditnehmer selbst genutzt wird, gesichert ist,
- der Kredit vier Fünftel des Beleihungswertes des Pfandobjektes im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes nicht übersteigt und
- der Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt.
Eine Offenlegung ist nicht erforderlich bei Krediten an
- Zentralregierungen oder Zentralnotenbanken im Ausland, den Bund, die Deutsche Bundesbank oder ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes, wenn sie ungesichert ein Kreditrisiko-Standardansatz-Risikogewicht (KSA-Risikogewicht) von 0 % erhalten würden,
- multilaterale Entwicklungsbanken oder internationale Organisationen, wenn sie ungesichert ein KSA-Risikogewicht von 0 % erhalten würden, oder
- Regionalregierungen oder örtliche Gebietskörperschaften in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder Einrichtungen des öffentlichen Bereichs, wenn sie ungesichert ein KSA-Risikogewicht von 0 % erhalten würden.
Da § 18 KWG sehr allgemein formuliert ist, halten die verschiedenen Bankenverbände Leitlinien bereit, die die Auslegung erleichtern sollen. Letztendlich sind die Geldhäuser in der praktischen Umsetzung jedoch frei, wie sie die Adressenausfallrisiken bzw. Kreditrisiken bei der Kreditgewährung und -weiterbearbeitung beurteilen. Die Intensität und Frequenz der Beurteilung und die hierfür einzufordernden Unterlagen entsprechend der Art, des Umfangs, der Komplexität und des Risikogehalts der Geschäfte sind in den bankinternen Organisationsrichtlinien festgelegt.
Um den Anforderungen des § 18 KWG gerecht zu werden, wird sich ein Kreditinstitut von einem bilanzierenden Unternehmen mindestens den zeitlich letzten Jahresabschluss vorlegen ...