Leitsatz
Wird einem Fuhrunternehmer durch einen angestellten Fahrer die Mitbenutzung eines Raums in dessen Privatwohnung ohne vertragliche Grundlage gestattet, so fehlt es an der für die Annahme einer Betriebsstätte unerlässlichen, mindestens allgemeinrechtlichen Absicherung, einer nicht nur vorübergehenden, unbestrittenen Verfügungsmacht des Unternehmers bezüglich dieses Raums.
Normenkette
§ 12 Satz 1 AO , § 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1991
Sachverhalt
Der Kläger betreibt seit 1989 in der Rechtsform eines Einzelunternehmens einen Fuhrbetrieb in den alten Bundesländern. Am 19.2.1991 meldete er beim Landkreis Y/Thüringen mit Wirkung zum 15.2.1991 einen selbstständigen Fuhrbetrieb für den Nahverkehr unter der Anschrift Z an. Nach dessen Abmeldung zum 22.6.1993 meldete er den Betrieb am selben Tag unter der Anschrift X-Straße in Y/Thüringen erneut an.
In den Kalenderjahren 1991 und 1992 erwarb der Kläger mehrere Transportfahrzeuge nebst Zubehör, die er dem Betrieb in Thüringen zuordnete. Das FA gelangte im Anschluss an eine Außenprüfung zu der Auffassung, der Kläger habe im Beitrittsgebiet keine Betriebsstätten unterhalten, so dass ihm keine Investitionszulage zu gewähren sei.
Der Prüfer hatte folgenden Sachverhalt ermittelt: Der zum Büro erklärte Raum in Z befand sich in einem Nebengebäude der Pension O. Zum Nachweis von Mietzahlungen legte der Kläger eine Quittung über einen Betrag von 250 DM für den Zeitraum Mai bis September 1991 vor, ferner eine schriftliche Bestätigung der Pension O vom 23.8.1996, nach der dem Kläger von 1991 bis 1993 ein Büroraum zur Verfügung gestellt worden sei. Teilweise sei dies kostenlos geschehen, da der Kläger für einen Umbau Baumaterial geliefert habe. Ein beantragter Telefonanschluss war nicht eingerichtet worden. Der Kläger beschäftigte in Z kein Personal. Die in den Briefkasten eingelegte Post entnahm der Kläger jeweils selbst zur Bearbeitung.
Laut schriftlicher Bestätigungen eines Fahrers des Klägers, Herrn B, vom 23.8.1996 und vom 13.6.1998 hat dieser dem Kläger in seiner Privatwohnung in Y unentgeltlich einen Büroraum zur Verfügung gestellt und an seiner Haustür ein Firmenschild angebracht. Der Fahrer soll Aufträge entgegengenommen und an die Firma T weitergeleitet haben. In dem Raum befand sich ein vom Kläger als Geschäftsanschluss beantragtes Telefon, an dessen Kosten sich der Kläger beteiligt hat. Die Telefonnummer war mit dem Zusatz "T-Fuhrbetrieb" in einem regionalen Firmenverzeichnis aufgelistet.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision führte zur Klagabweisung.
Entscheidung
Der Kläger habe in den neuen Bundesländern keine Betriebsstätte unterhalten, so dass schon aus diesem Grund keine Investitionszulage zu gewähren sei. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Unterkunft in der Pension als Betriebsstätte zu beurteilen sei, denn diese sei keine vollen drei Jahre beibehalten worden.
Keine Betriebsstätte sei das Zimmer in der Privatwohnung des Fahrers. Es fehle an einer rechtlichen Absicherung, die den Schluss zulasse, dass der Raum in der Privatwohnung dem Kläger jederzeit zur Verfügung gestanden habe. Auf die weitere Frage, welcher Betriebsstätte die Wirtschaftsgüter, für die Investitionszulage begehrt werde, überhaupt zuzuordnen seien, komme es demnach nicht mehr an.
Hinweis
Die Gewährung von Investitionszulage setzt u.a. voraus, dass die Wirtschaftsgüter drei Jahre nach ihrer Anschaffung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören. Ob eine Betriebsstätte gegeben ist, richtet sich nach § 12 AO. Erforderlich ist eine Geschäftseinrichtung mit fester örtlicher Bindung. Dem Steuerpflichtigen müssen Räume zur ständigen Benutzung zur Verfügung stehen, über die er nicht nur eine vorübergehende Verfügungsmacht besitzt. Das ist der Fall, wenn er eine einem Mieter ähnliche Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne weiteres entzogen oder ohne seine Mitwirkung verändert werden kann.
Die bloße Mitbenutzung von Räumen ohne rechtliche Absicherung begründet keine Betriebsstätte, etwa wenn Räume unentgeltlich oder im Rahmen eines Arbeitsvertrags, aber ohne ausdrückliche Vereinbarung, überlassen werden. Werden Räume in der Privatwohnung eines Arbeitnehmers des Unternehmers mitbenutzt, kann allenfalls in Ausnahmefällen eine Betriebsstätte begründet werden. Diese Räume können weiterhin vom Wohnungsinhaber genutzt werden. Da es sich um eine private Wohnung handelt und klare Vereinbarungen über die Art und den Umfang der Nutzung durch den Unternehmer fehlen, ist der Schluss gerechtfertigt, dass anderen Mitarbeitern oder Kunden des Unternehmers nicht uneingeschränkt Zugang zu den Räumen gewährt wird.
ZurBejahungeinerBetriebsstätte in einer Privatwohnung eines Arbeitnehmers bedarf es eingehender vertraglicher Regelungen hinsichtlich der Nutzung des Raums durch den Unternehmer. Außerdem muss der Vertrag auch durchgeführt werden, d.h. es müssen dort auch tatsächlich geschäftliche Aktivitäten entfaltet werden. Im Streitfall hat der BFH den in der Privatwohnung eines...