Leitsatz
Für ein vom Darlehensnehmer bei Abschluss des Kreditvertrags (hier: öffentlich gefördertes Darlehen) zu zahlendes "Bearbeitungsentgelt" ist kein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wenn das Entgelt im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht (anteilig) zurückzuerstatten ist. Etwas anderes gilt aber, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass diese Kündigung in den Augen der Vertragsparteien mehr ist als nur eine theoretische Option (Abgrenzung zu BFH, Urteil vom 19.01.1978, IV R 153/72, BStBl II 1978, 262).
Normenkette
§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG, § 250 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen handelt. Sie nahm zur Finanzierung eines Möbelhauses im Jahr 2001 über ihre Hausbank drei öffentlich geförderte Darlehen auf:
- Darlehen I: auf der Grundlage eines Kredits der landeseigenen L-Bank mit 40 %iger Haftungsfreistellung der H-Bank; Zinssatz 7,25 %; Zinsfestschreibung bis 30.09.2006; weder Disagio noch Bearbeitungsentgelt.
- Darlehen II: auf der Grundlage eines Kredits der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW); Zinssatz 4,85 %; Zinsfestschreibung bis 31.03.2011; einmaliges, nicht laufzeitabhängiges Bearbeitungsentgelt von 4 % der Darlehensvaluta.
- Darlehen III: auf der Grundlage eines Kredits der L-Bank mit 40 %iger Haftungsfreistellung der H-Bank; Zinssatz 5,6 %; Zinsfestschreibung bis 30.09.2010; einmaliges, nicht laufzeitabhängiges Bearbeitungsentgelt von 4 % der Darlehensvaluta.
Die Klägerin behandelte die Bearbeitungsentgelte für die Darlehen II und III im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für das Jahr 2001 als sofort abziehbare Betriebsausgaben. Das FA war der Auffassung, die Bearbeitungsentgelte seien auf der Basis der Gesamtlaufzeit von 120 Monaten für das Darlehen II und von 114 Monaten für das Darlehen III abzugrenzen und legte entsprechende aktive Rechnungsabgrenzungsposten zugrunde.
Die u.a. deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Köln, Urteil vom 12.11.2009, 13 K 3803/06, Haufe-Index 2302980, EFG 2010, 810).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache zurück.
Ausschlaggebend für den Sofortabzug des Bearbeitungsentgelts oder dessen Abgrenzung sei die Frage der anteiligen Rückerstattung des Entgelts bei vorzeitiger Vertragsbeendigung. Das aber hing in casu davon ab, welche Kündigungsmöglichkeiten die Vertragsparteien vereinbart hatten und welche Bedeutung eine etwa vereinbarte Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung aus wichtigem Grund in deren Augen hatte.
Hinweis
Das Urteil entscheidet über die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer ein bei Vertragsschluss zu leistendes einmaliges Entgelt ("Bearbeitungsentgelt") für ein betriebliches Darlehen sofort in voller Höhe steuermindernd absetzen kann.
Ein sofortiger Abzug ist danach möglich, wenn der Darlehensnehmer das gezahlte Entgelt nicht zurückverlangen könnte, falls der Darlehensvertrag vorzeitig beendet wird. Dann wurde es einmalig und nur "für" den Vertragsschluss gezahlt.
Zeitanteilig abzugrenzen ist das Entgelt aber, wenn die Bearbeitungsgebühren bei wirtschaftlicher Betrachtung Teil des Entgelts für das (Dauer-)Schuldverhältnis sind und deshalb Aufwand "für eine bestimmte Zeit nach dem Abschluss-Stichtag" darstellen.
Ob das der Fall ist und ob eine Zahlung Vorleistung für eine zeitraumbezogene Gegenleistung ist, hängt wesentlich davon ab, ob der Empfänger die Zahlung im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses behalten darf oder ob er sie zurückerstatten muss. So ist der Vorleistungscharakter zu bejahen, wenn der Empfänger die Leistung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zeitanteilig zurückzuzahlen hat. Darf er die Zahlung hingegen im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung behalten, ist das jedenfalls ein gewichtiges Indiz gegen die Zeitraumbezogenheit der Gegenleistung.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Dauerschuldverhältnis
1. |
auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist |
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nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und |
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konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien dieser Möglichkeit mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben – sie also eigentlich eher unwahrscheinlich ist. |
Dann spiegelt die Vereinbarung über das für das einzelne Jahr zu entrichtende Entgelt keinen fremdvergleichsgerechten Ausgleich über die Bewertung des Jahreswerts der empfangenen Gegenleistung wider. Folglich rückt eine Rechnungsabgrenzung in den Bereich des Wahrscheinlichen. Dann muss das Bearbeitungsentgelt mithilfe aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verteilt werden und kann nur in jährlichen Teilbeträgen steuermindernd abgesetzt werden.
Beachte: Der BFH erkennt durchaus, dass die Vertragsparteien auf diese Weise auf den Gedanken verfallen könnten, durch die Vereinbarung laufzeitabhängiger oder laufzeitunabhängiger Einmalleistungen Rechnungsabgrenzungen nach ihren jeweiligen Interes...