7.2.1 Zufluss- und Abflussprinzip bei der Einnahmen-Überschussrechnung
Rz. 98
Steuerpflichtige, die nicht zur Buchführung und Abschlusserstellung gesetzlich verpflichtet sind und die auch nicht freiwillig Bücher führen und keine Abschlüsse erstellen, können gem. § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Im Rahmen dieser Einnahmen-Überschussrechnung findet das Zufluss- bzw. Abflussprinzip des § 11 EStG Anwendung. Danach gelten Einnahmen als "innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind". Korrespondierend dazu sind Ausgaben "für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind". Eine Ausnahme davon findet bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen bzw. Ausgaben Anwendung, die kurze Zeit vor Beginn oder nach dem Ende des Kalenderjahres zu- bzw. abgeflossen sind. Diese werden dem Kalenderjahr zugeordnet, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind.
Rz. 99
Von diesem Grundsatz ist jedoch in Ausnahmefällen abzuweichen. So sieht § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG vor, im Voraus geleistete Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen. In analoger Weise eröffnet § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der gleichmäßigen Verteilung von Einnahmen aus einer solchen Nutzungsüberlassung. Eine Rechnungsabgrenzung findet insoweit auch im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung statt. Folglich ist bspw. die Auszahlung, die eine KFZ-Steuervorauszahlung beinhaltet, nicht aktiv abzugrenzen; sie ist bei Zahlung in voller Höhe als Betriebsausgabe zu behandeln. Das BVerfG hat in der durch die Einführung der Norm des § 11 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 EStG i. V. m. § 52 Abs. 30 EStG eintretenden Belastungwirkung durch eine unechte Rückwirkung einen Verstoß gegen den Grundsatz des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes erkannt, insoweit die Vereinbarung von Vorauszahlungen von Erbbauzinsen innerhalb des Jahres 2004 bis einschließlich des Tages der Einbringung der Neuregelung in den Deutschen Bundestag am 27.10.2004 verbindlich geschlossen wurde und die Vorauszahlung noch im selben Jahr vereinbarungsgemäß geleistet wurde.
Rz. 100
Gleichwohl enthält § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG eine Rückausnahme. Dementsprechend ist ein Damnum oder Disagio, soweit dieses marktüblich ist, nicht abzugrenzen. So liegt etwa bei einer Darlehensaufnahme ein Abfluss von Betriebsausgaben bei vereinbarungsgemäßer Einbehaltung des Damnums bei Auszahlung eines Tilgungsdarlehens im Zeitpunkt der Kapitalauszahlung vor; wird das Darlehen ratenweise ausgezahlt, ist eine entsprechende Aufteilung des Damnums nur dann vorzunehmen, wenn die Vertragsparteien keine Vereinbarung über den Abflusszeitraum des Damnums getroffen haben. Dementsprechend liegt im Fall einer Darlehensgewährung bei der Auszahlung des Darlehens eine Betriebseinnahme vor.
7.2.2 Behandlung der Rechnungsabgrenzungsposten beim Wechsel der Gewinnermittlungsart
Rz. 101
Infolge der unterschiedlichen Gewinnermittlungsprinzipien der Einnahmen-Überschussrechnung und des Betriebsvermögensvergleichs und der daraus resultierenden differenzierten zeitlichen Erfassung von Gewinnauswirkungen verschiedener Geschäftsvorfälle kann es beim Übergang zu der jeweils anderen Gewinnermittlungsart zu einer Doppel- oder Nichterfassung von Gewinnauswirkungen kommen. Zur sachgerechten einmaligen Erfassung der aus diesen Geschäftsvorfällen resultierenden Gewinne und zur zutreffenden Ermittlung des Totalgewinns ist beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ein Übergangsgewinn bzw. -verlust zu ermitteln, der eine derartige Doppel- bzw. Nichterfassung korrigiert.
Rz. 102
Während – wie oben beschrieben – Ausgaben bzw. Einnahmen für Nutzungsüberlassungen von mehr als fünf Jahren, die im Voraus geleistet wurden, abzugrenzen sind bzw. abgegrenzt werden können und damit eine Gleichbehandlung für beide Gewinnermittlungsmethoden sichergestellt ist, ist beim Wechsel der Gewinnermittlungsart eine Korrektur etwa für im Voraus gezahlte Miete oder im Voraus vereinnahmte Zinsen erforderlich, soweit diese Einnahmen bzw. Ausgaben nicht gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 oder Abs. 2 Satz 3 EStG verteilt werden. Entsprechendes gilt im Fall eines Disagios bzw. Damnums.
Rz. 103
Ob und inwiefern eine Korrektur vorzunehmen ist, ist für jeden Bilanzposten bzw. Geschäftsvorfall einzeln zu beurteilen, für den nach...