Leitsatz
Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG i.V.m. § 31 Abs. 4 UStDV) kann sich unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.
Normenkette
§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, § 31 Abs. 4 UStDV, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b und e 6. EG-RL (= EWGRL 388/77)
Sachverhalt
Die Klägerin nahm in den Streitjahren 2005 und 2006 den Vorsteuerabzug aus 34 Rechnungen der A‐GmbH in Anspruch. 26 dieser Rechnungen, die die A‐GmbH im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 erteilt hatte, betrafen die Lieferung von Pkw unter Angabe von Hersteller, Fahrzeugtyp und Fahrgestellnummer. Mit einer Ausnahme ergab sich aus diesen Rechnungen auch die Farbe der Lackierung (Rechnungen Nr. 05/328 bis 05/347 und Nr. 05/349 bis 05/354). Zu 24 dieser Rechnungen übersandte die Klägerin später ergänzende Unterlagen. Keine Ergänzung erfolgte zu den Rechnungen Nr. 07/329 vom 24.2.2005 und Nr. 05/330 vom 28.2.2005.
Die A‐GmbH erteilte sieben weitere Rechnungen im Zeitraum März bis November 2006. Fünf dieser Rechnungen führten als Leistungsgegenstand "Werbungskosten lt. Absprache" (Rechnungen Nr. 06/357 bis 06/360 und 06/362), eine Rechnung "Aquisitions-Aufwand" (Rechnung Nr. 06/356) sowie eine Rechnung "Überführungs‐ und Reinigungskosten" (Rechnung Nr. 06/355) auf. Darüber hinaus bezog sich die Rechnung Nr. 05/348 vom 21.11.2005 ohne weitere Angaben auf "Überführungskosten" für einen Pkw. Zu diesen insgesamt acht Rechnungen reichte die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren keine ergänzenden Unterlagen ein.
Der von der Klägerin geltend gemachte Vorsteuerabzug aus diesen 34 Rechnungen wurde im Rahmen einer Außenprüfung beanstandet, da die Rechnungen keine Angabe zur Steuernummer des Leistenden enthielten. Die A‐GmbH ergänzte alle Rechnungen während der Außenprüfung um diese Angabe.
Im Anschluss an die Außenprüfung ging das FA davon aus, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug aufgrund der Berichtigung erst für das Jahr der Berichtigung in 2011 zustehe. Das FA erließ geänderte Steuerfestsetzungen für die beiden Streitjahre, in denen es den Vorsteuerabzug im Umfang der beanstandeten Rechnungen versagte. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Demgegenüber gab das FG der Klage statt (FG München, Urteil vom 29.3.2017, 3 K 2565/16, Haufe-Index 10944902, EFG 2017, 1037). Danach habe die in 2011 erfolgte Ergänzung der Rechnungen auf die Streitjahre zurückgewirkt. Dem Vorsteuerabzug stehe auch nicht entgegen, dass die Rechnungen keine Angaben zum Leistungszeitpunkt enthielten und die Angaben zum Leistungsgegenstand mangelhaft seien. Denn die Klägerin habe auf einen gerichtlichen Hinweis diverse weitere Unterlagen beigebracht, sodass diese Mängel behoben worden seien.
Entscheidung
Der BFH hat das Urteil des FG insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als das FG den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen über "Werbungskosten lt. Absprache", "Aquisitions-Aufwand", "Überführungs- und Reinigungskosten" und "Überführungskosten" bejaht hat. Hier fehlte es an hinreichenden Leistungsbeschreibungen.
Demgegenüber hat der BFH im Übrigen das Urteil des FG bestätigt. Danach ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Berichtigung der Rechnungen um die zuvor fehlende Steuernummer auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkte.
Das Fehlen ausdrücklicher Angaben zum Leistungszeitpunkt sah der BFH als unschädlich an, da nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen war, dass die Leistungen jeweils im Monat der Rechnungsausstellung bewirkt worden waren. Daher konnte aus der Angabe des Rechnungsdatums auf den Leistungszeitpunkt geschlossen werden.
Hinweis
1. Den Vorsteuerabzug kann nur ausüben, wer im Besitz einer nach den § 14, § 14a UStG ausgestellten Rechnung ist. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 178 Buchst. a MwStSystRL (zuvor: Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG).
Die zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG berechtigende Rechnung hat insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung zu enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2, 5 und 6 UStG). Unionsrechtlich ergibt sich dies aus Art. 226 Nrn. 3, 6 und 7 MwStSystRL (zuvor: Art. 22 Abs. 3 Buchst. b dritter, sechster und siebter Gedankenstrich und Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG).
2. Rechnungen mit den Leistungsbeschreibungen "Werbungskosten lt. Absprache", "Aquisitions-Aufwand", "Überführungs‐ und Reinigungskosten" und "Überführungskosten" berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug.
Denn derartige Leistungsbeschre...