Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
5.1 Abschlussbestandteile
Rz. 27
Der Jahresabschluss gemäß IFRS setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:
- Bilanz,
- Gesamtergebnisrechnung (ggf. weiter unterteilt in Gewinn- und Verlustrechnung sowie sonstiges Ergebnis),
- Eigenkapitalveränderungsrechnung,
- Kapitalflussrechnung und
- Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie erläuternde Anhangangaben.
- Zusätzlich ist eine Bilanz zu Beginn der frühesten Vergleichsperiode notwendig, sofern ein Unternehmen eine Rechnungslegungsmethode rückwirkend anwendet oder Posten rückwirkend im Abschluss angepasst oder umgegliedert werden.
Die ersten vier Bestandteile werden als primary financial statements bezeichnet (IFRS 18.11).
Rz. 28
Neben diesen Bestandteilen müssen Unternehmen, deren Dividendenpapiere oder schuldrechtlichen Wertpapiere öffentlich gehandelt werden, und Unternehmen, die die Ausgabe von Dividendenpapieren oder schuldrechtlichen Wertpapieren an einer Wertpapierbörse in die Wege geleitet haben, einen Segmentbericht gemäß IFRS 8 veröffentlichen und Angaben zu dem Ergebnis je Aktie (earnings per share) gemäß IAS 33 machen.
Im Vergleich zu den HGB-Konzernvorschriften sehen die IFRS keine Lageberichterstattung als verpflichtendes Element vor. Im IAS 1.13 wird lediglich die Aufstellung einer dem deutschen Lagebericht vergleichbaren Management Discussion and Analysis (MD&A) empfohlen, für den es auch seit 2010 ein Practice Statement "Management Commentary" gibt, welches derzeit durch das IASB überarbeitet wird. Die finale Verabschiedung der Überarbeitung ist allerdings aufgeschoben, da es Überschneidungen mit Projekten des ISSB gibt. Das Practice Statement ist für deutsche IFRS-Anwender jedoch nur auf freiwilliger Basis anzuwenden; es besteht für diese die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernlageberichts nach § 315 HGB aus § 315e Abs. 1 HGB.
5.2 Gliederungsgrundsätze
5.2.1 Bilanz
5.2.1.1 Gliederung
Rz. 29
Die Vorschriften des IASB enthalten keine verbindlichen und rechtsformspezifischen Gliederungsvorschriften für die Bilanz, wie sie aus § 266 HGB und § 330 HGB bekannt sind. Es werden lediglich Mindestanforderungen an die Gliederung der Bilanz gerichtet. So soll die Darstellung dazu geeignet sein, das Verständnis der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens zu vermitteln. In den IFRS werden die Mindestbestandteile im IAS 1.54/IFRS 18.103 f aufgezählt, die jedoch nicht als Gliederung verstanden werden sollen und um weitere relevante Posten zu ergänzen sind. Die Gliederung hat gemäß IAS 1.60/IFRS 18.96 grundsätzlich unterteilt nach kurzfristigen und langfristigen Vermögens- und Schuldposten zu erfolgen. Davon ist nur abzuweichen, wenn eine Gliederung nach Liquiditätsnähe relevantere und zutreffendere Informationen für die Adressaten bietet. Mit IFRS 18.97 wird nun die bisherige Praxis festgelegt, dass die Trennung in kurz- und langfristig 12 Monate beträgt. Latente Steuern gelten stets als langfristig (IFRS 18.98).
Mit einer Änderung an IAS 1 mit Wirkung ab dem 1.1.2024 wird für die Klassifizierung einer Verbindlichkeit als kurz- oder langfristig klargestellt, dass dies an den Rechten zum Abschlussstichtag (right at the end of the reporting period) zu beurteilen ist. Eine Verbindlichkeit ist dann als langfristig zu klassifizieren, wenn das Unternehmen am Abschlussstichtag über ein Recht verfügt, die Erfüllung der Schuld um mindestens zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag zu verschieben. Dabei ist es ausreichend, dass das Recht besteht, hingegen ist die Absicht des Unternehmens, dieses auch auszuüben, unerheblich für die Klassifizierung einer Verbindlichkeit. Hängen Rechte von bestimmten Bedingungen ab, ist für die Klassifizierung entscheidend, ob die Bedingungen am Abschlussstichtag erfüllt sind (IAS 1.69d, 1.72A–1.76). Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass eine Verbindlichkeit nur dann als erfüllt anzusehen ist, sofern flüssige Mittel, Eigenkapitalinstrumente, andere Vermögenswerte oder Dienstleistungen übertragen werden (IAS 1.76A). Kann eine Schuld aufgrund einer Option der Gegenpartei durch die Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten erfüllt werden, so beeinflusst dieser Umstand die Klassifizierung der Schuld als kurz- bzw. langfristig nicht, sofern die Option gesondert als Eigenkapitalkomponente eines zusammengesetzten Finanzinstruments ausgewiesen wird (IAS 1.76B). Auch wurde klargestellt, dass Bedingungen in Darlehensvereinbarungen, die ein Unternehmen erst nach dem Abschlussstichtag einhalten muss, keine Auswirkung auf die Klassifizierung einer Schuld am Abschlussstichtag als kurz- oder langfristig haben. Hingegen haben Bedingungen, die ein Unternehmen am oder vor dem Abschlussstichtag einzuhalten hat, Auswirkungen auf die Klassifizierung. Damit verbunden sind zusätzliche Angabepflichten, u. a. der Buchwert der en...