Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
Rz. 58
Der Begriff des fair value ist der Preis, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld bezahlt werden würde. Inhaltlich ergeben sich kaum Unterschiede zu der bis zum Geschäftsjahr 2014 geltenden Definition der alten IAS 16.6, IAS 18.7, IAS 21.8, IAS 32.11, nach der der fair value der Betrag ist, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnte. Es handelt sich um einen Abgangspreis, wobei es unerheblich ist, ob dieser unmittelbar beobachtet werden kann oder über anerkannte Bewertungstechniken geschätzt wird. Eine Berücksichtigung von Transaktionskosten hat nicht zu erfolgen, da diese nicht Merkmal eines Vermögenswerts oder einer Schuld sind (IFRS 13.25). Anders verhält es sich dagegen mit Transportkosten, da diese sehr wohl Bestandteil des Vermögenswerts sein können (IFRS 13.26/BC62).
Rz. 58a
Dem Umstand, dass der unmittelbare Rückgriff auf das Konstrukt eines aktiven Markts und der daran anknüpfenden Bedingungen im Fall produktionsbezogener und mehrheitlich unternehmensspezifischer Vermögenswerte, wie Sachanlagen und Gebäude, angesichts vielfältiger Spezifikationen und einer daraus resultierenden Inhomogenität realiter vielfach nicht möglich sein wird, trägt IFRS 13 durch den erlaubten Rückgriff auf entsprechende Marktpreisschätzungen Rechnung. Konkret ist folgende fair value-Hierarchie für Faktoren der Bewertung vorgesehen:
- Bei Vorliegen eines beobachtbaren Marktpreises an einem aktiven, dem Unternehmen zugänglichen Markt ist dieser als fair value am Bewertungsstichtag anzusetzen (mark to market).
- Wenn zwar am Stichtag keine entsprechenden Marktpreise existieren, sich jedoch zeitnahe Markt- oder Transaktionspreise für vergleichbare Vermögenswerte beobachten lassen, sind Letztere – ggf. angepasst – zugrunde zu legen.
- Sollte auch dies nicht möglich sein, ist der fair value mithilfe eines Bewertungsverfahrens (technique) zu ermitteln. Infrage kommt der Vergleich mit aktuellen Transaktionspreisen ähnlicher Vermögenswerte oder ein Discounted Cash Flow (DCF)-Modell (mark to model), alternativ noch ein kostenorientiertes Verfahren (IFRS 13.B5 ff.).
Anpassungen von Marktpreisen können nach IFRS 13.82 erfolgen auf Basis von
- Preisnotierungen für ähnliche Bewertungsobjekte auf aktiven Märkten,
- Preisnotierungen für identische Bewertungsobjekte auf Märkten, die nicht aktiv sind,
- anderen Inputfaktoren als Marktpreisen, die für das Bewertungsobjekt beobachtet werden können, wie etwa Zinssätze, Volatilitäten oder Kredit-Spreads, marktgestützte Inputfaktoren.
Die Bewertungsverfahren lassen sich in 3 Gruppen zusammenfassen (IFRS 13.62):
- Marktpreisorientierte Verfahren leiten den Zeitwert aus Markt- bzw. Transaktionspreisen vergleichbarer Vermögenswerte ab (IFRS 13.B6).
- Kapitalwertorientierte Verfahren wie das DCF-Verfahren ermitteln den Zeitwert als Zukunftswert über die Diskontierung zukünftiger Zahlungsmittelüberschüsse aus der Nutzung des Bewertungsobjekts (IFRS 13.B10).
- Kostenorientierte Verfahren stellen den Zeitwert über die Wiederbeschaffungskosten unter Berücksichtigung der Eigenschafften des Bewertungsobjekts dar (IFRS 13.B8).
Rz. 58b
Zu den konkreten Ausprägungen s. "Zeitwert".