Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Der digitale Zugriff auf das Warenwirtschaftssystem ist zulässig, sofern dies steuerlich relevante Aufzeichnungen enthält.
Sachverhalt
Der Antragsteller ist Apotheker, bei dem eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt wird. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Mit Schreiben v. 17.10.2011 forderte das Finanzamt den Antragsteller auf, diverse Daten in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Dies betraf verschiedene Dateien, die aus dem Warenwirtschaftssystem ableitbar waren. Gegen die Anforderung legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Nach Zurückweisung durch das Finanzamt, beantragte er diese beim zuständigen FG. Er begründete dies vor allem damit, dass die Datenanforderung rechtswidrig sei, da sich die Aufbewahrungspflicht nur auf solche Unterlagen erstrecke, die nach § 147 Abs.1 AO aufzubewahren habe. Dies sei hier nicht der Fall.
Entscheidung
Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet ab. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung - nämlich der Datenanforderung - seien nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Verkaufsdatei aus dem Warenwirtschaftssystem bestehe eine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht. Nach § 147 Abs. 6 AO dürften Unterlagen nach § 147 Abs. 1 AO, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden, im Rahmen einer Außenprüfung angefordert werden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers handele es sich bei den angeforderten Daten im Sachverhalt um solche, die unter § 147 Abs. 1 AO fallen. Zu den Unterlagen nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO zählen insbesondere Bücher und Aufzeichnungen. Aufzeichnungen seien alle die Aufzeichnungen, die im Rahmen der Erfüllung der steuerlichen Pflichten vorzunehmen seien. Nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO seien zudem alle sonstigen Unterlagen aufzubewahren, die steuerlich von Bedeutung seien. Die Aufzeichnungen aus dem Warenwirtschaftssystem seien in jedem Fall Unterlagen nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, wenn nicht sogar Aufzeichnungen nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gelte zumindest für die aus dem Warenwirtschaftssystem abgeleitete Verkaufsdatei. Insofern habe der Antragsteller die Unterlagen aufzubewahren und dem Finanzamt in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.
Hinweis
Der Beschluss des FG Sachsen-Anhalt bietet Anlass, sich einmal die Grundzüge des digitalen Datenzugriffs im Rahmen einer Betriebsprüfung vor Augen zu führen. Dies umso mehr, als die Durchführung einer Betriebsprüfung unter Einsatz der EDV in der Zwischenzeit der Normalfall ist. Nach § 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht, im Rahmen einer Außenprüfung in digitaler Form auf die Unterlagen zuzugreifen, wenn die Unterlagen, die in § 147 Abs. 1 AO angeführt sind, mit Hilfe von Datenverarbeitungssystemen erstellt worden sind. Insbesondere handelt es sich hierbei um die Buchführung des Steuerpflichtigen sowie weitere steuerlich relevante Unterlagen. Strittig war hierbei im Entscheidungssachverhalt vor allem, ob es sich bei Daten, die aus dem Warenwirtschaftssystem abgeleitet werden, um solche steuerlich relevanten Daten handelt. Dies kann man durchaus in Frage stellen, denn ein Warenwirtschaftssystem umfasst regelmäßig eine Vielzahl verschiedener Informationen, die insbesondere auch der internen Unternehmensteuerung dienen. Auf diese hat die Finanzverwaltung kein Zugriffsrecht. Mit dem FG wird man allerdings der Ansicht sein müssen, dass die Verkaufsdatei sehr wohl steuerliche Relevanz besitzt. Angezeigt erscheint deshalb in der Praxis regelmäßig die Trennung solcher Teile des Warenwirtschaftssystems, die steuerlich relevant sind und die übrigen Teile.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.01.2013, 1 V 580/12