FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 25.5.2018, S 0066

 

1. Allgemeines

Im Interesse einheitlicher Rechtsanwendung durch die Finanzverwaltung sind die Oberfinanzdirektion und das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen über schwebende und abgeschlossene Rechtsbehelfsverfahren von grundsätzlicher oder besonderer wirtschaftlicher Bedeutung rechtzeitig zu unterrichten.

1.1 Grundsätzliche Bedeutung kommt einem Rechtsbehelfsverfahren insbesondere dann zu,

  • wenn die Revision vom Finanzgericht zugelassen worden ist (§ 115 Abs. 2 FGO) oder durch eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 FGO) angestrebt werden soll,
  • wenn die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO vom Finanzgericht zugelassen worden ist,
  • wenn die Rechtsgültigkeit gesetzlicher Vorschriften einschließlich der zu ihrer Durchführung ergangenen Verwaltungsanordnungen oder die Gesetzmäßigkeit von Anordnungen in Verwaltungsrichtlinien, Erlassen oder Rundverfügungen bestritten wird,
  • wenn die Entscheidung des Finanzgerichts von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts, eines obersten Bundesgerichts oder anderer Finanzgerichte abweicht,
  • wenn in der Begründung eines Gerichtsbescheides des Bundesfinanzhofs (§§ 121, 90a FGO) eine von Richtlinien, BMF-Schreiben oder gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder abweichende Rechtsauffassung vertreten wird oder dessen Begründung auf eine Änderung der Rechtsprechung schließen lässt.
  • wenn nach einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union das Verfahren vor dem Finanzgericht oder dem BFH fortgesetzt wird.
  • wenn ein Finanzgericht eine von Richtlinien, BMF-Schreiben oder gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder abweichende Rechtsauffassung vertritt;
  • wenn die Angelegenheit politisch bedeutsam ist.
  • wenn ein Klageverfahren nach § 32i AO geführt wird.

Hinweis:

Ein außergerichtliches Vorverfahren findet nicht statt (§ 32i Abs. 9 AO).

Wegen des Begriffs „grundsätzliche Bedeutung” wird ergänzend auf die zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltenden Grundsätze sowie auf AO-Kartei NRW § 115 FGO Karte 801 Tz. 2.1 verwiesen. Ausnahmsweise kann hiernach auch eine auf Verfahrensmängel gestützte Revision grundsätzliche Bedeutung haben.

Nicht vorzulegen sind u.a. Entscheidungen zu den Themen Klagefristversäumnis, fehlende Bevollmächtigung, Versäumnis einer Ausschlussfrist, fehlende Benennung des Klagebegehrens, Richterablehnung und Entscheidungen zu Schätzungsfällen. Sollte in diesen Fällen allerdings die Revision (oder Beschwerde) zugelassen worden sein, ist entsprechend Tz. 1.1 zu berichten.

Bei der Entscheidung, ob es sich um eine Streitsache von grundsätzlicher Bedeutung handelt, bitte ich den Hauptsachgebietsleiter für das betreffende Steuerrechtsgebiet zu beteiligen.

1.2 Besondere wirtschaftliche Bedeutung haben Verfahren mit einem Streitwert über 150.000 EUR je Steuerart und Veranlagungszeitraum.

 

2. Vorlage von Klagen, Nichtzulassungsbeschwerden, Revisionen und Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs

 

2.1 Gegenstand der Vorlage

2.1.1 In den vorgenannten Verfahren sind der Oberfinanzdirektion unverzüglich vorzulegen

  • nach Absendung der ersten Klageerwiderung je eine Ablichtung des angefochtenen Bescheids, der Einspruchsentscheidung, der Klage und Klagebegründung sowie der Klageerwiderung und später je eine Ablichtung der weiteren gegenseitigen Schriftsätze und der finanzgerichtlichen Entscheidung,
  • je eine Ablichtung der Nichtzulassungsbeschwerde nebst Begründung, der Revision einschließlich der Begründung sowie der weiteren Schriftsätze (auch die jeweiligen Erwiderungen der Gegenseite) und später eine Ablichtung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Es sollte grundsätzlich in elektronischer Form berichtet werden, weil sich dadurch die Übersendung der Schriftstücke in Papierform erübrigt Für die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen wurde zum 1.7.2013 ein Postfach „Poststelle (OFD)” eingerichtet, an das sämtliche elektronische Post zu richten ist. Bei Berichten in elektronischer Form (per E-Mail oder „FerrariFax”) genügt es, wenn die betreffenden Schriftstücke in Dateiform (in den üblichen Dateitypen *.docx, *.rtf, *.xlsx, *.pdf, *.tif, *.dcx oder *.msg) übermittelt werden.

2.1.2 Die Ausführungen in Tz. 2.1.1 gelten entsprechend in den Fällen, in denen durch die Oberfinanzdirektion zuvor bereits eine Weisung erteilt oder eine Stellungnahme abgegeben worden ist. Das gilt auch für Verfahren nach dem Steuerberatungsgesetz.

2.1.3 Beschlüsse des Finanzgerichts oder des Bundesfinanzhofs über Verfahrenseinstellungen, Kostenauferlegung, Streitwertfestsetzung usw. sind der Oberfinanzdirektion in der Regel nicht vorzulegen, weil diesen Beschlüssen gewöhnlich keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. In allen Fällen jedoch, in denen bereits berichtet worden ist, ist unter Bezugnahme auf die bisherigen Berichte auch der Abschluss des Verfahrens unter Vorlage der entsprechenden abschließenden Entscheidung anzuzeigen.

 

2.2 Inhalt der Vorlageberi...

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