Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
1. Die in § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG unter bestimmten Voraussetzungen für Zweitwohnungen von Ehegatten oder Lebenspartnern vorgesehene Steuerbefreiung ist auf Zweitwohnungen Alleinerziehender nicht entsprechend anwendbar.
2. § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG
Normenkette
§ 1, § 2 HmbZWStG, § 12 MRRG, § 15 Abs. 2 S. 3, § 16 Abs. 2 S. 3 HmbMG, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die Klägerin ist unverheiratet und Mutter einer am 1989 geborenen Tochter, für welche sie bis zu deren Volljährigkeit alleine sorgeberechtigt war. Bereits vor 2007 bewohnte sie mit ihrer Tochter eine Wohnung in X, die sie als Hauptwohnung anmeldete und in den Streitjahren 2007 und 2008 beibehielt. In X hielt sich die Klägerin überwiegend auf; ihre Tochter besuchte dort ein Gymnasium. Da die Klägerin in Hamburg arbeitete, mietete sie dort eine weitere Wohnung, welche sie als Nebenwohnung anmeldete und bezog.
Das FA setzte mit Blick auf die in Hamburg angemietete Wohnung Zweitwohnungsteuer i.H.v. jährlich 300 EUR gegen die Klägerin fest.
Einspruch und Klage dagegen blieben erfolglos. Das FG (FG Hamburg, Urteil vom 01.10.2008, 7 K 245/07, Haufe-Index 2084793, EFG 2009, 298) wies die Klage mit der Begründung ab, § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG erfasse seinem Wortlaut nach nur Verheiratete, welche eine Zweitwohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehätten und deren gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen sei. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung sei schon wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts ausgeschlossen. Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vor, weil jedenfalls eine Privilegierung im Streitfall spätestens mit der Volljährigkeit des Kindes Ende Januar 2007 nicht mehr geboten und die Festsetzung der Steuer gegen die Klägerin im Übrigen schon ab dem Beginn des Monats Januar von den melderechtlichen Verhältnissen der Tochter unabhängig gewesen sei.
Entscheidung
Durch Beschluss vom 16.12.2009 (II R 67/08, BFH/NV 2010, 786, BFH/PR 2010, 199) hatte der BFH zunächst den Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg nach § 122 Abs. 2 S. 2 und 3 FGO zum Verfahrensbeitritt aufgefordert. Dieser war dem Verfahren auch beigetreten. Jetzt hat der BFH im Ergebnis die Rechtsauffassung des FG bestätigt und die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Der hier zu besprechende Fall war bereits Gegenstand eines BFH-Beitrittsbeschlusses (BFH, Beschluss vom 16.12.2009, II R 67/08, BFH/NV 2010, 786, BFH/PR 2010, 199), weshalb im Wesentlichen auf die entsprechende Anmerkung verwiesen werden kann.
2. Seine anfänglichen und noch im vorgenannten Beitrittsbeschluss angeklungenen verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich auf eine etwaige Besserbehandlung verheirateter Steuerpflichtiger gerichtet hatten, vermochte der BFH nach dem erfolgten Beitritt des Hamburger Finanzsenators zu besänftigen. Hatten doch am Ende die Einlassungen des Senators ergeben, dass unter den im Streitfall anzutreffenden Bedingungen und entgegen dem reichlich unklaren Wortlaut des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auch Verheiratete mit Kindern jedenfalls faktisch der Zweitwohnungsteuer unterworfen worden wären.
a) |
Zunächst ist glasklar, dass die Anwendung des § 2 Abs. 1 HmbZWStG im Streitfall nicht nach dessen § 2 Abs. 5 Buchst. c ausgeschlossen war, denn die Vorschrift ist weder unmittelbar noch analog auf den Streitfall anwendbar. Das hatte der BFH schon im Beitrittsbeschluss so gesehen und ist dem nichts hinzuzufügen. |
b) |
Auch einen Verstoß des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz wegen ungleicher Behandlung der Kleinfamilie Mutter/Kind gegenüber Ehegatten bzw. Lebenspartnerschaften konnte der BFH verneinen. Dies ergab letztlich in der nötigen Klarheit erst das Beitrittsverfahren. Immerhin hält der BFH aber – wie bereits in seinem Beitrittsbeschluss ausgeführt – daran fest, dass die von der Verwaltung vorgenommene Einschränkung (Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nur, wenn die aus beruflichem Anlass genutzte Nebenwohnung aufgrund der tatsächlichen Lebensumstände der Ehe- oder Lebenspartner von einem der Partner überwiegend genutzt wird) im Wortlaut des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG keinen Anhalt findet. Der BFH brauchte allerdings nicht darüber zu entscheiden, ob eine der Verwaltungssicht entsprechende teleologische Reduktion der Norm wirklich möglich und auch geboten ist, denn es bestanden für den Streitfall keine Zweifel, dass das FA Ehegatten bzw. Lebenspartnern die Steuerbefreiung tatsächlich verwehrt hätte, wenn ein Partner die aus beruflichen Gründen in Hamburg unterhaltene Nebenwohnung wie die Klägerin genutzt hätte. |
c) |
In der Sache lag auch kein Verstoß des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG vor. Zum einen bestand in der Person der Klägerin – wie der BFH schon in seinem Beitrittsbeschluss festgestellt hatte – definitiv keine melderechtliche Zwangslage, denn die... |