Leitsatz

1. Der Ausschlussgrund des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG greift im Fall des Erscheinens eines Bediensteten der Steuerfahndung hinsichtlich der Verdachtsmomente, in denen die Steuerfahndung für den Steuerpflichtigen erkennbar ermittelt.

2. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 StraBEG ist die Änderung oder Aufhebung der mit Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkten Steuerfestsetzung nur ausgeschlossen, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StraBEG vorliegen.

3. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StraBEG sind dann nicht erfüllt, wenn zwar die in der strafbefreienden Erklärung ausgewiesenen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aus anderen als den im StraBEG genannten Gründen nicht mehr geahndet werden können, aber ein Ausschlussgrund i.S.d. § 7 StraBEG vorliegt.

 

Normenkette

§ 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 3 StraBEG

 

Sachverhalt

Im November 2003 geriet der Kläger, Inhaber eines Restaurants, in Verdacht, einen Teil seiner Betriebseinnahmen nicht erklärt und versteuert zu haben. Im Mai 2004 wurde ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Noch im selben Monat durchsuchten Beamte der Steuerfahndung aufgrund eines richterlichen, auf den Verdacht der Steuerhinterziehung für Zeiträume ab 1998 gestützten Beschlusses die Wohn- und Betriebsräume des Klägers. Die anschließenden Ermittlungen erstreckten sich -- für den Kläger erkennbar -- auch auf die Zeiträume vor 1998.

Im September 2004 gab der Kläger eine strafbefreiende Erklärung beim FA ab. Hierin wurden in den Jahren 1993 bis 1997 zu Unrecht nicht ­versteuerte Einnahmen i.H.v. rd. 446 000 Euro und nachzuentrichtende Abgaben i.H.v. rd. 111 000 Euro deklariert. Den letztgenannten Betrag zahlte der Kläger fristgerecht an die Finanzkasse.

Das FA meinte, dass der abgegebenen Erklärung des Klägers eine strafbefreiende Wirkung nicht zukomme, und hob deshalb die durch die Abgabe der Erklärung des Klägers bewirkte Steuerfestsetzung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG auf. Die dagegen erhobene Klage (EFG 2006, 1401) sowie die anschließende Revision des Klägers blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Zutreffend seien FG und FA davon ausgegangen, dass die durch die vom Kläger abgegebene strafbefreiende Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung wegen Eingreifens des Ausschlusstatbestands gem. § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG aufzuheben gewesen sei. Im Zeitpunkt der Abgabe der strafbefreienden Erklärung durch den Kläger sei für diesen erkennbar gewesen, dass sich die zwischenzeitlich ergriffenen Steuerfahndungsmaßnahmen auch auf die in der Erklärung angegebenen Veranlagungszeiträume erstreckt hätten. Der Kläger habe deswegen bereits im Zeitpunkt der Abgabe der strafbefreienden Erklärung damit rechnen können und müssen, dass die ergriffenen Fahndungsmaßnahmen zur Aufdeckung der in Frage stehenden Steuerverkürzungen führen würden.

 

Hinweis

Gibt jemand eine formwirksame strafbefreiende Erklärung ab, steht diese gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Diese ist grundsätzlich nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG aufzuheben oder zu ändern, soweit nach dem StraBEG keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die Straf- oder Bußgeldfreiheit gem. § 7 StraBEG ausgeschlossen ist. Gem. § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG tritt Straf- oder Bußgeldfreiheit nicht ein, soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG oder einer Handlung i.S.d. § 6 StraBEG bei dem Erklärenden oder seinem Vertreter ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist.

Erscheint ein Bediensteter der Steuerfahndung bei dem Erklärenden vor der Abgabe der strafbefreienden Erklärung, so sind die Voraussetzungen des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG hinsichtlich der Verdachtsmomente erfüllt, die Gegenstand der Fahndungsprüfung sind. Der Umfang der tatsächlichen Ermittlungen muss für den Betroffenen erkennbar sein.

In sachlicher Hinsicht ist die Ausschlusswirkung bei einer Steuerfahndungsprüfung abweichend von der Ausschlusswirkung einer Außenprüfung i.S.v. § 193 AO nicht durch die Reichweite einer Prüfungsanordnung (vgl. § 196 AO) begrenzt. Denn eine solche Prüfungsanordnung ist für eine Fahndungsprüfung gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. BFH, Urteil vom 09.03.1999, VIII R 19/97, BFH/NV 1999, 1186). Die Reichweite einer Steuerfahndungsprüfung wird vielmehr nach dem Ermittlungswillen der erschienenen Fahndungsbeamten bestimmt (vgl. z.B. Rüping in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 7 StraBEG Rz 6; Streck/Spatschek, Die Steuerfahndung, 4. Aufl., Rz. 261).

Allerdings tritt die Ausschlusswirkung des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG nur ein, wenn die Zielrichtung für den Betroffenen erkennbar ist. Auf diesen Gesichtspunkt stellt die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit § 171 Abs. 5 AO ab. Vor Ablauf der Festsetzungsfrist durchgeführte Ermittlungen der Steuerf...

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