OFD Frankfurt, Verfügung v. 8.8.2011, S 2255 A - 37 - St 218
Für die Anwendung der Öffnungsklausel nach § 22 Nr. 1 Satz 3a) bb) Satz 2 EStG ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige
- bis zum 31.12.2004
- über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren
- Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung
gezahlt hat. Weist der Steuerpflichtige diese Voraussetzungen nach, wird die Rente, soweit sie auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht, mit dem günstigeren Ertragsanteil besteuert.
I. „Beiträge bis zum 31.12.2004”
Es wird teilweise die Ansicht vertreten, entgegen dem Gesetzeswortlaut seien auch Beiträge an berufsständische Versorgungswerke, die nach dem 31.12.2004 entrichtet werden, in die Ermittlung der erhöhten Beitragsleistungen einzubeziehen. Diese Auffassung wird von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht geteilt (vgl. Rz. 179 und Rz. 186 des BMF-Schreibens vom 13.9.2010, Anhang 1a II EStH 2010). Der Gesetzeswortlaut und die mit der Öffnungsklausel verfolgte gesetzliche Intention sind insoweit eindeutig.
Die Öffnungsklausel wurde eingeführt, um eine Zweifachbesteuerung auch in außergewöhnlichen Fällen auszuschließen. Eine derartige Zweifachbesteuerung tritt durch den mit dem AltEinkG verbesserten Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab dem Jahr 2005 nicht mehr auf. Für die Anwendung der Öffnungsklausel ist somit ausschließlich auf Veranlagungszeiträume vor dem 1.1.2005 abzustellen.
Die Verwaltungsmeinung wurde durch BFH-Urteile vom 19.1.2010, X R 53/08, BStBl 2011 II S. 567 und vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl 2011 II S. 579 bestätigt. Die gegen das BFH-Urteil vom 19.1.2010, X R 53/08 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss vom 8.4.2011, 2 BvR 844/10 wegen mangelnder Erschöpfung des Rechtswegs als unzulässig nicht zur Entscheidung angenommen.
II. 10-Jahres-Grenze
Es ist nicht erforderlich, dass die Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung in einem zusammenhängenden Zeitraum von 10 Jahren gezahlt werden. Die erhöhten Beiträge müssen über einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren vor dem 1.1.2005 geleistet worden sein. Dabei ist auf das einzelne Kalenderjahr abzustellen (Rz. 179 des o.g. BMF-Schreibens).
Weiterhin ist nicht erforderlich, dass die erhöhten Beiträge an einen Versorgungsträger gezahlt wurden, sondern die erforderlichen 10 Jahre können auch durch Einzahlungen an mehrere Versorgungsträger erreicht werden. Für die Frage, ob in einem Jahr Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags geleistet wurden, sind sämtliche Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an landwirtschaftliche Alterskassen und an berufsständische Versorgungseinrichtungen zusammenzurechnen, die dem einzelnen Jahr zuzurechnen sind.
Im Hinblick auf die Frage, welche Beitragszahlungen wann zu berücksichtigen sind, kam es aus Sicht der Finanzverwaltung bislang maßgeblich darauf an, „in” welchem Jahr die Beiträge gezahlt wurden, da sich die steuerliche Berücksichtigung der Beiträge nach dem sog. Abflussprinzip (§ 11 EStG) richtete. Der BFH hat sich nunmehr mit Urteilen vom 19.1.2010, X R 53/08, a.a.O., vom 4.2.2010, X R 58/08, a.a.O. und vom 18.5.2010, X R 1/09, BFH/NV 2010 S. 1803 ausdrücklich gegen diese Verwaltungsauffassung ausgesprochen. Entscheidend sei vielmehr, „für” welche Jahre die Beiträge geleistet wurden.
Die geänderte Rechtslage wurde unter Rz. 179 des BMF-Schreibens vom 13.9.2010, a.a.O. umgesetzt. Danach sind Beiträge grundsätzlich dem Jahr zuzurechnen, in dem sie gezahlt oder für das sie bescheinigt werden. Sofern Beiträge jedoch rentenrechtlich (als Nachzahlung) in einem anderen Jahr wirksam werden, sind diese dem Jahr zuzurechnen, in dem sie rentenrechtlich wirksam werden.
III. Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung
Bei der Überprüfung, ob Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, werden sämtliche Beiträge an gesetzliche Rentenversicherungen, an landwirtschaftliche Alterskassen und an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die dem jeweiligen Jahr zuzurechnen sind, zusammengerechnet (Rz. 181 des o.g. BMF-Schreibens).
Auch im Jahr des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben ist auf den für das Kalenderjahr geltenden jährlichen Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen.
IV. Nachweis
Der Antrag wird vom Steuerpflichtigen in der Regel durch Ausfüllen der Zeile 11 der Anlage R 2010 gestellt. Die Voraussetzungen zur Anwendung der Öffnungsklausel sind i.d.R. vom Steuerpflichtigen durch entsprechende Bescheinigungen des Versorgungsträgers nachzuweisen, in denen regelmäßig auch der Teil der Leistung, der unter die Öffnungsklausel fällt, bescheinigt wird (Rz. 186 des o.g. BMF-Schreibens). Die endgültige Entscheidung darüber, ob die Öffnungsklausel zur Anwendung kommt, obliegt jedoch dem FA. Es kann jedoch i.d.R. davon ausgegangen werden, dass der Versorgungsträger den Teil der Leistung, der auf Beiträgen ...