Leitsatz
Der nur mittelbar zulageberechtigte Ehegatte hat (nur) dann einen Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage, wenn er einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat. Das Bestehen einer entsprechenden betrieblichen Altersvorsorge reicht nicht aus.
Normenkette
§ 79, § 82 Abs. 1 und 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt von der Deutschen Rentenversicherung, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen die Festsetzung einer Altersvorsorgezulage für das Jahr 2002. Sie ist als Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks nicht gesetzlich rentenversicherungspflichtig. Ihr Ehemann ist in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert; er hat einen Altersvorsorgevertrag gem. § 82 EStG abgeschlossen. Die Klägerin beantragte für ihren mit der VBL abgeschlossenen betrieblichen Versorgungsvertrag die Altervorsorgezulage.
Die Beklagte verweigerte dies mit der Begründung, für die betriebliche Versorgung könne keine Zulage gewährt werden, da nur der unmittelbar zulageberechtigte Ehegatte alternativ zu einem privat abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag auch über eine förderbare Versorgung i.S.d. § 82 Abs. 2 EStG verfügen könne.
Vorverfahren und das Klageverfahren blieben erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.06.2007, 7 K 5216/05 B, Haufe-Index 1798685, EFG 2007, 1690).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision aus den unter "Praxis-Hinweise" dargestellten Gründen zurück.
Hinweis
Dieses Urteil ist die erste Entscheidung des BFH zur sog. Riesterrente, einem wichtigen Element der privaten Altersvorsorge.
1. Gem. § 79 S. 1 EStG haben lediglich die nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten unbeschränkt steuerpflichtigen Personen (die europarechtliche Problematik ist hier ausgeklammert, siehe dazu EuGH, Urteil vom 10.09.2009, C-269/07, BFH/PR 2009, 421) einen Anspruch auf Altersvorsorgezulage als unmittelbar Berechtigte. Nicht zum Kreis der Begünstigten gehören demgegenüber u.a. Selbstständige, die sich eine eigene private Altersvorsorge aufgebaut haben, und die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Pflichtversicherten, da diese Personengruppen durch das Altersvermögensgesetz und Versorgungsänderungsgesetz keine Kürzung des ihnen zustehenden Renten- und Versorgungsniveaus hinzunehmen hatten.
2. Die abgeleitete Zulageberechtigung für den nicht nach § 79 S. 1 EStG begünstigten Ehegatten setzt voraus, dass für die Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, der andere Ehegatte nach § 79 S. 1 EStG begünstigt ist und für den mittelbar Berechtigten ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht (§ 79 S. 2 EStG).
3. Der Begriff des Altersvorsorgevertrags ist in § 82 Abs. 1 EStG legal definiert. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) zertifiziert ist.
4. Für eine über den Wortlaut des § 79 S. 2 EStG hinausgehende Gesetzesauslegung, die auch die betrieblichen Versorgungsverträge als Altersvorsorgeverträge i.S.d. § 79 S. 2 EStG einschließt, sieht der BFH keinen Raum. Die Nichteinbeziehung der betrieblichen Altersvorsorge in den § 79 Abs. 2 EStG sei kein gesetzgeberisches Versehen, sondern eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. Dies zeige die sorgfältige Begriffswahl im XI. Abschnitt des EStG, die bewusst zwischen einem "Altersvorsorgevertrag" und der betrieblichen Altersversorgung, die gem. § 82 Abs. 2 EStG zulagefähig ist, differenziere.
5. Es ist mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Förderung der privaten Altersvorsorge vereinbar, dass ein nur mittelbar zulageberechtigter Ehegatte für seine eigene betriebliche Altersversorgung keine Zulage beanspruchen kann. Bei der Regelung des § 79 EStG sei der Gesetzgeber erkennbar davon ausgegangen, dass ein Steuerpflichtiger nur dann zulageberechtigt sein soll, wenn er von der Absenkung des Renten- und Versorgungsniveaus entweder unmittelbar betroffen sei oder der von der Absenkung des Altersversorgungsniveaus seines Ehegatten mittelbar betroffene Steuerpflichtige diese Absenkung nicht bereits durch eigene von der Absenkung nicht erfasste Berufstätigkeit kompensieren könne.
6. Die dennoch bestehende abgeleitete Zulageberechtigung als Ehegatte in § 79 S. 2 EStG geht bereits über das gesetzgeberische Förderziel hinaus. Die weitergehende Forderung, diesem Ehegatten in § 79 S. 2 EStG über den Wortlaut hinaus zusätzlich noch die Gestaltungsalternative der Anlageform der betrieblichen Altersversorgung zu eröffnen, stehe im Widerspruch zum Zweck des Berechtigungsausschlusses nach § 79 S. 1 EStG und sei vor dem Hintergrund, dass dieser Ehegatte schon durch § 79 S. 2 EStG atypisch begünstigt werde, nicht zu rechtfertigen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.07.2009 – X R 33/07