Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Die Sonderabschreibung nach § 4 FöGbG ist nach der Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht rückwirkend i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen, wenn das wirtschaftliche Eigentum sowie die Erzielung von Miteinnahmen übergegangen sind.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb Ende 1995 Grundstücksflächen, die vom Verkäufer bis Dezember 1996 mit mehreren Reihenhäusern bebaut wurden. Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten gingen zum 1.1.1997 auf den Kläger über. In der Folge erklärte er aus der Vermietung der Immobilien Mieteinnahmen. Im Jahr 1999 machte der Kläger Schadensersatz wegen Nichtverschaffung des Eigentums an den Immobilien geltend. Daraufhin wurde der Kaufvertrag im Jahr 2000 rückabgewickelt.
Das Finanzamt änderte am 25.10.2010 den Einkommensteuerbescheid für 1995 und machte die Födergebiets-AfA rückgängig. Da die Einkommensteuer 1995 weiterhin 0 DM betrug, erließ es zudem einen nach § 10d Abs. 1 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003 mit einem niedrigeren Verlustrücktrag. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger ohne Erfolg geltend, die Rückgängigmachung der Veräußerung stelle kein die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 rechtfertigendes rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO dar.
Entscheidung
Das FG entscheidet, dass der Verlustabzug für 1993 nicht zu berichtigen ist, weil die Sonderabschreibung nicht rückwirkend im Jahr 1995 rückgängig zu machen ist. Denn durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages im Jahr 2000 sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen.
Ein Wirtschaftsgut ist bereits angeschafft, wenn es dem Erwerber nach § 39 AO zuzurechnen ist (wirtschaftliches Eigentum). Das war vorliegend am 1.1.1997. Somit war die nach § 3 Satz 1 FöGbG für die Gewährung der Sonderabschreibung erforderliche Anschaffung erfolgt.
Die bereits - auf die Anzahlung - gewährte Sonderabschreibung (§ 4 Abs. 1 Satz 5 FöGbG) war nicht deshalb rückgängig zu machen, weil Sonderabschreibungen auf Anzahlungen materiell-rechtlich vorläufigen Charakter haben und rückwirkend entfallen, wenn der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang nicht abgeschlossen wird. Denn hier war der Anschaffungsvorgang aus steuerlicher Sicht mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund sowie der Erzielung von steuerlich dem Kläger zuzurechnenden Einkünften in den Jahren 1997 bis 2000 führt die Rückabwicklung des Kaufvertrages im Jahr 2000 auch zu keinem rückwirkenden Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Durch die Rückabwicklung des Kaufvertrages hat sich nichts daran geändert, dass jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Sonderabschreibung erfüllt waren.
Hinweis
Ob der Einkommensteuerbescheid 2000 z. B. nach § 174 Abs. 4 AO wegen widerstreitender Steuerfestsetzung noch änderbar ist, musste das FG nicht entscheiden. Das wird das Finanzamt noch zu prüfen haben. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Finanzamt die vom FG nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassene Revision eingelegt hat (Az beim BFH IX R 34/12). Mithin wird erst nach Abschluss des Revisionsverfahrens feststehen, ob die Voraussetzungen für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2000 nach § 174 Abs. 4 AO tatsächlich vorliegen.
Link zur Entscheidung
FG München, Gerichtsbescheid vom 31.07.2013, 13 K 101/11